Forum gegen unnütze Großprojekte: Europaweite Fusion des Protests

Bürgerbewegungen gegen Großprojekte in verschiedenen Ländern haben viele Gemeinsamkeiten. Diese will ein Forum nutzen und die Proteste vernetzen.

Ohne Meiler – is' geiler. Bild: ap

STUTTGART taz | Für Tiziano Cardosi ist es wie ein großes Puzzle: der geplante Tiefbahnhof in Stuttgart, ein Forschungsreaktor zur Atomfusion in Frankreich oder die Untertunnelung von Florenz, gegen die Cardosi mit einer kleinen Bürgerbewegung persönlich kämpft. „All diese Einzelprojekte bestimmen das Gesamtbild, und wir müssen gemeinsam für ein neues Bild kämpfen“, sagt er.

Cardosi ist einer der 800 AktivistInnen, die sich seit Donnerstag in den Stuttgarter Wagenburghallen treffen und über Großprojekte, die Finanzkrise, Europa oder die Privatisierung von Wasser diskutieren. Es ist das „Dritte europäische Forum gegen unnütze Großprojekte“, bei dem viele Teilnehmer einen Wunsch betonen: eine internationale Vernetzung der lokalen Bewegungen.

„Es gibt unheimlich große Schnittmengen zwischen den Bewegungen“, sagt Andrea Schmidt, die als Aktivistin gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 das Forum mitorganisiert hat. „Überall werden die Projekte mit Polizeigewalt durchgedrückt und unsere Rechte wie die Versammlungsfreiheit beschnitten.“ Eine der Grundsatzfragen des Forums ist die nach den menschlichen Bedürfnissen, mit denen viele Großprojekte oft nur noch wenig zu tun hätten.

Diesen Aspekt griff auch Winfried Wolf in einem Vortrag über die „Globalisierung des Tempowahns“ auf. Er war in den 1990er Jahren verkehrspolitischer Sprecher der PDS im Bundestag und ist heute Chefredakteur der linken Wirtschaftszeitschrift Lunapark21. „An den realen Verkehrsbedürfnissen der Menschen hat sich nichts geändert“, sagt Wolf. „Aber die dezentralen Strukturen gehen kaputt.“ Deshalb würden die Menschen heute immer mehr Wege auf sich nehmen, etwa zum Shoppingcenter auf der grünen Wiese oder zum Vergnügungsschwimmbad außerhalb der Stadt.

Sitzplatz und Klimaanlage

Und der Mobilitätswahn steigere sich. „Die Menschen interessiert aber gar nicht, ob sie sieben Minuten schneller in München sind“, sagt Wolf. „Die interessiert, ob sie einen Sitzplatz bekommen und die Klimaanlage funktioniert.“ Grundsätzlich müsse Verkehr vermieden statt nur verlagert werden, etwa von der Straße auf die Schiene.

Das Forum endete am Sonntag, dann sollte auch die „Charta zur Rettung der Lebensgrundlagen in Natur und Gesellschaft“ verabschiedet werden, an der alle Teilnehmer mitarbeiten konnten. Am Montag gibt es zum Abschluss eine internationale Demo, die übergeht in die traditionelle Montagsdemo gegen Stuttgart 21.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.