K.o.-Tropfen: SPD-Politiker in Haft

Der Vorwurf: Der SPD-Politiker soll einen jungen Mann in seine Wohnung gelockt, ihm eine Überdosis K.o.-Tropfen eingeflößt und dann sexuell missbraucht haben.

Frank S. soll sein Opfer mit K.o.-Tropfen betäubt haben. Bild: dpa

Wenn der Ortsverein Findorff der SPD am kommenden Mittwoch Stammtisch hält, dann wird er ohne seinen Vorsitzenden Frank S. auskommen müssen: Der SPD-Politiker sitzt seit dem Wochenende in Untersuchungshaft.

Seit Mitte Oktober ermittelt die Kripo gegen ihn, in der vergangenen Woche hat sie den Haftbefehl wegen Wiederholungsgefahr beantragt. S. soll in der Nacht zum 15. Oktober einen jungen Mann mit einem heimtückischen Vorwand in seine Wohnung gelockt, dort mit einer hohen Dosis „GHB“, also K.o.-Tropfen, außer Gefecht gesetzt und dann sexuell missbraucht haben. Ein Freund von S. wurde als Mittäter in Nürnberg verhaftet.

Der SPD-Politiker selbst hatte am Morgen nach der fraglichen Nacht den Krankenwagen gerufen, weil das Opfer bewegungslos in seiner Wohnung lag. Offensichtlich war ihm eine Überdosis K.o.-Tropfen verabreicht worden – das stellten jedenfalls die Ärzte in seinem Blut fest. Für die Staatsanwaltschaft handelt es sich daher um einen besonders schweren Fall der sexuellen Nötigung. Nach § 177.4 des Strafgesetzbuchs, darauf verweist Frank Passade, der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, droht eine Freiheitsstrafe „nicht unter fünf Jahren Haft“, wenn ein Täter sein Opfer „durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt“. Dies sei nach der Diagnose des Krankenhauses der strafrechtliche Vorwurf, sagt Passade.

Frank S. ist ein agiler SPD-Politiker, im Stadtteil bekannt und geschätzt. Er sitzt in der Bau-Deputation, im Beirat Findorff und ist gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender des Unterbezirksvorstandes Bremen-Stadt der SPD. Uta Kummer, die Vorsitzende, erklärte gestern, sie habe von der Festnahme und dem Tatvorwurf gehört. Sie habe lange Zeit vertrauensvoll mit ihrem Stellvertreter zusammengearbeitet und könne sich ganz persönlich „sowas überhaupt nicht vorstellen“. Natürlich müssten die Vorwürfe ernst genommen werden, „wir müssen abwarten, was die Untersuchungen ergeben“.

Die Substanz der GHB-Tropfen ist nur wenige Stunden im Blut nachweisbar, gleichzeitig legen die Tropfen jegliches Erinnerungsvermögen des Opfers lahm – das macht sie so heimtückisch und die Ermittlungen der Kripo so schwer. Die Bremer Polizei hatte in diesem Jahr bisher 15 Verdachtsfälle bearbeitet, in drei Fällen konnte die erhöhte GHB-Konzentration im Blut nachgewiesen werden – keinmal war sie so hoch wie in diesem Fall von Mitte Oktober.

Frank S. ist bis vor kurzem beruflich Jugendverbandssekretär bei den Falken gewesen und hat mit seinem eigenen „Ferienwerk Bremen“ und seinem Busunternehmen „Anko“ Jugendreisen organisiert. Den Falken war die geschäftlichen Verbindungen zu unübersichtlich, sie hatten sich daher jüngst von S. getrennt. Angeblich geht die Bekanntschaft von ihm mit dem Opfer auf eine dieser Jugendreisen zurück.

Offenbar waren Frank S. und sein mutmaßlicher Mittäter mit dem jungen Mann in einer Gaststätte verabredet. Irgendwann vermisste der junge Mann dort seinen Rucksack, man trennte sich später – kurz darauf erhielt er einen Anruf und Frank S. soll gesagt haben, der Rucksack sei versehentlich mitgenommen worden.

Der junge Mann fuhr in die Wohnung von Frank S., er glaubte an das Versehen, trank noch ein Bier mit – und bekam dann eine Flasche gereicht mit einem Rest Bier und der Aufforderung, er solle sie austrinken, da es seine Flasche sei. Er tat das, obwohl ihm das komisch vorkam.

Danach hat er keine Erinnerung mehr, er kam erst im Krankenhaus wieder zu sich. Die Ärzte stellten Spuren eines sexuellen Missbrauchs fest. Nach dem Nachweis, dass die Sperma-Spuren an seiner Kleidung identisch mit der DNA von Frank S. sind, beantragte die Staatsanwaltschaft den Haftbefehl. Offenbar lässt sich auch nachweisen, wie die Substanz der K.o.-Tropfen über das Internet beschafft wurde.

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