Nach Insolvenz von dapd: Hört die Signale, freie Journalisten!

Der Niedergang der Nachrichtenagentur dapd sollte für jeden Freiberufler im Journalismus eine letzte Warnung sein. Es gibt drei Auswege.

Das Los vieler freier Journalisten: zum Termin gehen, zuhören, aufschreiben, schlecht bezahlt werden. Bild: Markus Schreiber/dapd

Die Agentur dapd galt noch nie als Premiumauftraggeber für freie Journalisten, bewegte sie sich mit ihren Honoraren doch schon immer am unteren Rand. Für einen Tag etwa bei Gericht gab es ursprünglich einmal 77 Euro, nach öffentlichen Protesten wurde nachgebessert, danach waren es 100 bis 137 Euro Tagespauschale. Schwierig, davon eine Familie zu ernähren. Auch um Spesen musste man oft streiten. Nun ist die dapd trotz der schlechten Entlohnung zahlungsunfähig.

Es sind die Freien, die in der Insolvenz als Erste die Last dieser Entwicklung tragen müssen. Während die Angestellten Insolvenzgeld erhalten, fallen die Honorare für Freie und Pauschalisten für September erst mal aus – freie Mitarbeiter werden im Insolvenzrecht zunächst wie der Papierlieferant oder der Kantinendienstleister behandelt – als Gläubiger, die am Ende schauen müssen, was übrig bleibt.

Die gute Nachricht ist, dass sich der Insolvenzverwalter offenbar darum bemüht, im Oktober wieder Honorare zu bezahlen und für die ausgefallenen September-Honorare eine Lösung zu finden. Denn auch ihm ist klar: Ohne Freiberufler geht nichts, vor allem in den Landesbüros der Agentur. Das gilt auch für fast jede andere Redaktion im Land. Die wachsende Bedeutung der Freien steht in krassem Gegensatz zu ihrer Bezahlung und ihrem Status. Honorare stagnieren auf dem Niveau der 80er Jahre und die Verlage nehmen den Autoren heute sämtliche Nutzungsrechte an ihren Texten.

Auch wenn gerade keine Insolvenz droht, tragen Freie zuerst die Lasten der Medienkrise. Pauschalen werden gestrichen, Rahmenverträge gekündigt. Sie sind fast regelmäßig gezwungen, ihren Auftraggebern, auch großen Verlagen, zinslose Darlehen zu geben, weil es zur Gewohnheit geworden ist, erst Wochen oder Monate nach dem Druck eines Beitrags das Honorar zu überweisen.

Ein weiteres Beispiel: Wer als Freiberufler in die Festanstellung wechselt, bekommt seine Zeit als freier Journalist laut Tarifvertrag nur zur Hälfte als Berufserfahrung angerechnet, und zwar maximal 3 Jahre. Wir reden hier von meist gut ausgebildeten Akademikern.

Risiko streuen

Der Niedergang der dapd sollte für jeden Freiberufler im Journalismus eine letzte Warnung sein. Wer sein Dasein nicht als Billiglöhner oder Leiharbeiter fristen will, sollte sich dringend überlegen: Wie kann ich mit meinen Fähigkeiten und Kenntnissen mehr als einen Auftraggeber bedienen? Das Gebot der Stunde ist, Risiko zu streuen und sich nicht von einem einzelnen Kunden abhängig zu machen.

ist Vorsitzender von Freischreiber – Verband freier Journalistinnen und Journalisten.

Und ja, auch wenn es vielen zuwider ist: Teil der Risikostrategie muss es heute wohl auch sein, sich zu fragen, ob man seine Talente nicht zu einem Teil auch in verwandten Berufen einsetzen kann. Arbeit für Stiftungen, Vorträge, Lehrtätigkeit und ja, auch PR-Aufträge – bitte unbedingt klar getrennt vom journalistischen Geschäft. Bei aller Vorsicht könnte durch diese Entwicklung der unabhängige Journalismus in Gefahr geraten. Aber was bleibt den Freien anderes übrig, wenn Verlage ihre Gewinne etwa aus Internetportalen nicht mehr in den Journalismus stecken und erfolgreiche Verlage Freie schlecht bezahlen?

Ein dritter Ausweg bleibt den Freien: Sie müssen den Blick offen halten für neue Formen des Journalismus im digitalen Zeitalter. Es gibt auch in Deutschland erste erfolgversprechende Versuche mit Internetportalen, jenseits der Verlage. Manche Hyperlokalblogs, die sich um die vernachlässigten Aufgaben der Regionalblätter kümmern, machen inzwischen so viel Umsatz, dass man davon einen Jungredakteur bezahlen könnte. Auf Dauer ist das zu wenig, aber es könnte ein Anfang für etwas Neues sein.

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