Kommentar Korruptionsbekämpfung: Andere Demokratien schaffen es auch

Wer als Gegenleistung für parlamentarisches Handeln einen Vorteil bekommt, muss bestraft werden. Das ist internationaler Standard und muss auch für Deutschland gelten.

Abgeordnete sind keine Beamte. Der Abgeordnete ist parteiisch, vertritt Interessen und setzt sich dafür im Parlament ein. Er muss Kontakt zu den Menschen suchen, in seinem Wahlkreis und seinem Fachgebiet, zu Verbänden und Unternehmen. Dabei wird er zum Essen eingeladen, zu Weihnachtsfeiern und bekommt auch mal Wahlkampfspenden. Anschließend vertritt er wieder die Interessen der Gruppen, denen er nahesteht. Das können Wirtschaftsverbände sein, aber auch Gewerkschaften, Bürgerinitiativen oder Tofuhersteller.

Es ist also durchaus nachvollziehbar, dass viele Abgeordnete sich nicht einfach den Bestechungsregeln für Beamte unterwerfen wollen. Wäre es nicht problematisch, wenn plötzlich Staatsanwälte darüber entscheiden, was noch normale Abgeordnetentätigkeit ist und wo die Korruption beginnt? Sollen Wahlkämpfe künftig damit manipuliert werden können, dass der Konkurrent im Wahlkreis anonym angezeigt wird, er habe einen schönen Abend beim Gewerkschaftsfest verbracht und anschließend einen Antrag zur Abschaffung der Leiharbeit eingebracht? Soll dann (mit Zustimmung des Bundestags) die Polizei ermitteln, weil ja ein Anfangsverdacht vorliegt? Und dann das Büro durchsuchen, um die politischen Beziehungen des Abgeordneten zu durchleuchten?

Trotz solcher Bedenken muss Abgeordnetenbestechung künftig umfassend strafbar sein. Wer als Gegenleistung für parlamentarisches Handeln einen Vorteil für sich oder andere bekommt, muss bestraft werden.

Dies ist internationaler Standard, und es kann nicht sein, dass Deutschland unfähig ist, ein UN-Abkommen zu ratifizieren, dem sich schon 160 Staaten angeschlossen haben. Deutschland will zu Recht weltweiter Vorreiter und Antreiber bei der Korruptionsbekämpfung sein. Welche Peinlichkeit, dass sich die Parlamentarier von Siemens (!) vorwerfen lassen müssen, sie seien keine Vorbilder beim Kampf gegen die Bestechlichkeit.

Die zögerlichen Abgeordneten von CDU und FDP sollten also schleunigst einen guten Gesetzentwurf erarbeiten – einen Entwurf, der Abgeordneten keinen Freibrief ausstellt, aber Rücksicht auf die Besonderheiten der politischen Interessenvertretung nimmt. Grüne, Linke und SPD sind schon längst über ihren Schatten gesprungen. Wenn andere Demokratien das in den Griff bekommen, sollte das auch bei uns gelingen.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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