Tierrechtsorganisation Peta: Erfolg mit Sex und Holocaust

Die Aktivisten von Peta setzen auf Provokationen, um öffentliches Gehör zu finden und potenzielle Spender zu erreichen. Und um Tiere zu schützen.

Protest für Veganismus: Peta-Frauen in Shanghai. Bild: dapd

Peta ist das genaue Gegenteil des Tierschutzbundes. Der Tierschutzbund betreibt über 500 Tierheime und versucht, in der Öffentlichkeit möglichst nicht anzuecken. Peta betreibt kein einziges Tierheim und versucht, möglichst krass aufzufallen.

Peta will eine Welt, in der Tiere nicht leiden müssen. Eine Welt ohne Tierversuche und Massentierhaltung, ohne Jagd und Fischerei. Die Menschen sollen keine Schuhe aus Leder tragen, keine Milch trinken und kein Omelett essen. "Wenn es um Leid und Schmerz geht, sind Tiere und Menschen gleich, weil beide den Schmerz gleich empfinden", glaubt Harald Ullmann, der zweite Vorsitzende.

Erst seit 16 Jahren gibt es Peta in Deutschland. Doch in der kurzen Zeit hat die Organisation es geschafft, mit zweifelhaften Aktionen große Bekanntheit zu erlangen. Resultat: Im vergangenen Jahr nahm die Organisation knapp über 2 Millionen Euro ein, mehr als 90 Prozent davon kamen aus Spenden.

Bis dahin war es ein langer Weg, gepflastert mit unzähligen Provokationen. Zum Beispiel, als ein Verein Kinder und Jugendliche in das ostholsteinische Städtchen Heiligenhafen zum Angeln einlud. Die Gastgeber meinten: Wenn Jugendliche von der Straße kommen und ein sinnvolles Hobby haben, dann seien sie weniger anfällig für Drogen, Rechtsradikalismus und Gewalt.

Peta meinte: "Wenn Kinder und Jugendliche angeln, kann damit der Grundstein dafür gelegt werden, dass sie sich später zu Gewalttätern entwickeln", polterte Harald Ullmann. Es sei doch offensichtlich: "Zum Profil von Mördern und Serienverbrechern gehört doch auch oft Tierquälerei in der Jugend." Wenn Fische aus dem Wasser gezogen werden, erlebten sie einen "schrecklichen Todeskampf, ähnlich dem der Menschen, die am Ertrinken sind". Angeln verstärke die Empfindungslosigkeit und Ignoranz gegenüber dem Leben und trage erheblich zur Verrohung der Gesellschaft bei.

Gaga Forderungen

Ähnlich gaga auch die Peta-Forderungen zur Umbenennung von Städten. Die Organisation bot der Hansestadt Hamburg vegetarische Burger im Wert von 10.000 Euro, falls sie sich in Veggieburg umbenenne. Denn man müsse sich fragen, was ein Name aussage: "Im Falle von Hamburg beschwört der Name Bilder von ungesunden Bratlingen aus zermahlenen toten Rindern herauf", begründete Peta die Forderung.

Die Hansestadt könne mit der Umbenennung "für Gesundheit und Mitgefühl für Tiere werben". Dabei ist der Name Hamburgs älter als die Fleischklöpse. "Hammaburg" wurde in einer Urkunde erstmals erwähnt, die mehr als 1.170 Jahre alt sein dürfte. Das altsächsiche Wort "ham" steht für Bucht, Ufer, Sumpfgelände.

Am meisten Aufsehen erlangt Peta mit Gleichsetzungen zwischen Tier und Mensch. Am Gründonnerstag 2010 wollte Peta mit einer symbolischen "Tierkreuzigung" in der Ulmer Innenstadt gegen Massentierhaltung und Fleischkonsum protestieren. Drei Mitglieder mit Masken von Lamm, Hase und Kalb sollten an Kreuzen festgebunden werden, um so das Leiden Jesu mit dem Leiden von Tieren gleichzusetzen. Die Stadt verbot die Aktion zunächst, da sie "grob sittenwidrig" sei, das Verwaltungsgericht erklärte das Verbot jedoch für rechtswidrig.

Eine andere Klage verlor Peta dagegen. Im Jahr 2004 hatte die Organisation eine Wanderausstellung unter dem Titel "Der Holocaust auf Deinem Teller" geplant. Auf großen Plakaten wollte Peta Bilder von ausgemergelten KZ-Häftlingen neben Bildern von Hühnern und Kühen in der Massentierhaltung zeigen. Auf einem Plakat stand: "Zwischen 1938 und 1945 starben 12 Millionen Menschen im Holocaust - genauso viele Tiere werden für den menschlichen Verzehr in Europa täglich getötet."

Vergleiche mit dem Holocaust

Innerhalb von drei Wochen sollte die Ausstellung in elf Städten gezeigt werden. Nach Kritik an der Kampagne verwies Peta auf ein Zitat des jüdischen Literaturnobelpreisträger Isaac B. Singer: "Für die Tiere sind alle Menschen Nazis; für sie ist jeden Tag Treblinka." Und auf einen Satz von Theodor W. Adorno: "Auschwitz fängt da an, wo einer im Schlachthof steht und sagt: ,Es sind ja nur Tiere.' "

Der Zentralrat der Juden klagte gegen die Kampagne, der Streit zog sich bis vor das Bundesverfassungsgericht. Dieses schrieb in seinem Urteil von einer "Bagatellisierung und Banalisierung des Schicksals der Holocaustopfer". Zudem bestehe "nach den Bestimmungen des Grundgesetzes ein kategorialer Unterschied zwischen menschlichem, würdebegabtem Leben und den Belangen des Tierschutzes". Ein Strafverfahren gegen Ullmann wegen Volksverhetzung wurde nur unter der Auflage eingestellt, dass er 10.000 Euro zahlt.

Es finden sich immer neue Stars, Sternchen und Models, die bei Peta-Kampagnen mitmachen. Derzeit zeigt ein Plakat mit dem Slogan "Keine Bunnies unterm Weihnachtsbaum" vier nackte Frauen - von Peta als "Playboy-Häschen" bezeichnet. Die Plakate verbreiten die Botschaft, zu Weihnachten keine Tiere zu verschenken - und erregen Aufmerksamkeit durch ihren Sexismus.

Das Kalkül der Provokation geht auf: Peta ist mit seinen radikal vertretenen Ansichten in den Medien viel präsenter als der verschnarchte Tierschutzbund. Und diese Bekanntheit hilft der Organisation auch, öffentlichen Druck auf Tierquäler aufzubauen und etwas für den Tierschutz zu bewegen. Peta brachte so zum Beispiel seine Lieblingsgegner McDonalds und Burger King dazu, zumindest etwas höhere Standards bei der Haltung von Hühnern einzuführen.

Heimliche Einbrüche

Große Aufmerksamkeit bekommen die Aktivisten auch, wenn sie wieder einmal heimlich bei einem Massentierhalter einsteigen und dort den Zustand der Tiere in den Ställen dokumentieren. Im September veröffentlichte Peta Bilder von Puten, die in einer Wiesenhof-Vertragsfarm entstanden. Zu sehen ist, wie Mitarbeiter des Geflügelhofes Puten treten, durch die Luft schleudern und sie in Käfige auf einem Lastwagen werfen. Die größten Schweizer Supermarktketten Migros, Coop und Denner kündigten darauf an, keine Wiesenhof-Produkte mehr zu vertreiben.

Sogar eine Landwirtschaftsministerin hat Peta schon mit gestürzt: Im vergangenen Jahr veröffentlichte die Organisation schockierende Bilder aus einem Mastbetrieb aus der Erzeugergemeinschaft, deren größter Teilhaber der Ehemann der niedersächsischen CDU-Landwirtschaftsministerin Astrid Grotelüschen war. Die machte vor der Presse eine äußerst schlechte Figur. Nachdem später andere Vorwürfe wegen der Ausbeutung von Arbeitern dazukamen, wurde der Druck auf sie zu groß - Grotelüschen musste zurücktreten. So etwas hat der Tierschutzbund noch nicht geschafft.

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