Streit der Woche: Müssen Linke Weihnachten hassen?

Weihnachten ist das Fest der Liebe. Und der Geschenke. Der Kleinfamilien-Spießigkeit. Des Bratens. Das kann zu Konflikten mit der eigenen politischen Einstellung führen.

Kleinfamilien-Spießigkeit – inklusive Lametta am Baum. Dürfen Linke da mitmachen? Bild: oli_ok / photocase.com

Ein Mädchen jubelt über die neue rosa Digitalkamera, ein Bärtiger brüllt vor Freude über seinen neuen Flachbildschirm. Denn, so versucht uns Media-Markt klar zu machen, sollte es nicht schon längst klar gewesen sein: Weihnachten wird unterm Baum entschieden. Wer schenkt – nicht so wichtig. Warum geschenkt wird – interessiert nicht. Was geschenkt wird zählt.

Mit dieser Werbung versucht der Elektro-Discounter die Weihnachtsgeschäfte anzuheizen. Und bringt sogleich manchen Kirchenvertreter zum Kochen. Der Münchner Weihbischof Wolfgang Bischof fordert das „unwürdige und beleidigende Schauspiel unverzüglich“ zu beenden. Die ÖDP schreit: "Eine Werbekampagne, an Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten!" Die evangelische Jugend ruft auf, die Metro-Group, zu der auch der Media-Markt gehört, zu boykottieren. Und wie immer, wenn die Gemüter sich erwärmt haben, hat irgendwer aus irgendwo, in diesem Fall die Pastoralreferentin Malanie Zink aus Bamberg, eine Facebook-Gruppe gegründet. 28.000 Menschen finden auf Zinks Vorschlag hin: Weihnachten wird in der Krippe entschieden. Denn das Jesuskind sei in ebensolcher geboren und nicht unter einem Baum. Logisch.

Dass die Media-Markt-Werber aber vielleicht gar nicht so falsch liegen, zeigt ein Beispiel aus Lübeck. Dort fordert die Bürgerschaftsfraktion der Linken, die Stadt Lübeck solle Familien, die von Hartz IV, Sozialhilfe und Grundsicherung leben, zu Weihnachten beschenken. Würden doch sonst die ärmeren Kinder von reicheren gehänselt. Oder gar die Elternliebe in Zweifel ziehen.

Also doch? Der Kampf um die Liebe wird mit rosa Digitalkameras und Plasmabildschirmen geführt? Sogar unter Linken? Sollten sich Linke nicht diesem Fest des Konsums völlig verwehren? Diesem spießbürgerlichen Familienfest, das immerzu Vater-Mutter-Kind, statt Vater-Vater-Kind propagiert. Und hinter der Fassade der Weihnachtszeit steigt die Zahl häuslicher Gewaltdelikte.

Zudem wird an Weihnachten noch mehr Fleisch gegessen, noch mehr Strom verbraucht, noch mehr Müll produziert. Sollte man dem als guter Linker nicht durch Boykott entgegentreten? Sich der Konsumterrorwelt durch Enthaltsamkeit entziehen? Occupy Weihnachten?

Oder sollte an Weihnachten einfach jeder mal am Glühweinstand entspannen dürfen? Ohne politische Diskussionen. Außerdem, könnte mancher entgegnen: Die Schokolade unterm Baum ist doch fair gehandelt.

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