Lufthansa fliegt auf Billig-Berlin: Preise und Löhne im Sinkflug

Die Lufthansa bietet ab Juni 2012 viele neue Flugziele zu Schnäppchenpreisen an. Zahlen dafür werden die Beschäftigten: Sie sollen deutlich weniger verdienen.

Heiß auf Berlin: Lufthansa-Vorstand Carsten Spor am Mittwoch Bild: dpa

Klaus Wowereit (SPD) könnte zufrieden sein: Lange hat der Regierende Bürgermeister die Lufthansa gedrängelt, in Berlin zu investieren. Nun hat das Unternehmen nachgegeben: "Wir werden die Präsenz in einem Maß ausbauen, wie wir es noch nie auf einen Schlag getan haben", kündigte Vorstand Carsten Spohr am Mittwoch an. 38 Ziele statt bisher 8, Investitionen von 60 Millionen Euro und 500 neue Jobs - das Programm klingt vielversprechend. Indes, der wirtschaftspolitische Erfolg Wowereits schmeckt bitter: Die Lufthansa will die Personalkosten für Neueinstellungen um 20 Prozent unter das Niveau von Frankfurt und München drücken.

"Dieser Markt ist noch preisgetriebener als der deutsche Durchschnitt", sagte dazu der Leiter des Lufthansa-Projekts "Zukunft Berlin", Josef Bogdanski. Die neuen Stewards und Stewardessen kommen von einem Germanwings-Partnerunternehmen. Das niedrigere Gehaltsniveau sei nicht mit der zuständigen Gewerkschaft abgesprochen, bekannte Bogdanski. Der Konzern könne die Maßnahme einseitig durchziehen. Anders ist es bei den Piloten, die ebenfalls 20 Prozent schlechter als anderswo bezahlt werden sollen. Hier habe die Gewerkschaft zugestimmt. Bereits bei der Firma angestellte Mitarbeiter würden ihr Gehalt behalten, so Bogdanski.

Die neu Einzustellenden sollten zwar das gleiche Einstiegsgehalt wie andere Lufthansa-Kollegen erhalten, aber dafür mehr arbeiten. "Die Produktivität ist höher", sagte ein Sprecher auf Nachfrage. Letztlich lägen die Flugbegleiter und Piloten damit auf dem Gehaltsniveau der Lufthansa-Billigtochter Germanwings. Außerdem würden zunächst nur befristete Verträge angeboten, wodurch die Lufthansa Ausgaben für die Altersvorsorge spart. Von der Flugbegleitergewerkschaft UFO war am Mittwoch keine Stellungnahme zu erhalten.

Die Lufthansa sucht zunächst 200 neue Flugbegleiter und 120 Piloten. Mittelfristig soll die Zahl der Mitarbeiter in Berlin von 3.500 auf 4.000 wachsen. Letztlich bezuschussen die neuen Beschäftigten damit die Billigpreispolitik des Konzerns am Standort Berlin: Vorstand Spohr versprach einen eigenen Internetauftritt und ein eigenes Tarifsystem. So sollen One-Way-Flüge innerhalb Europas für 49 Euro angeboten werden. Bislang gibt es innerdeutsche Flüge ab 59 Euro und einzelne Hin- und Rückflüge für 99 Euro. Das Erstellen einer eigenen Homepage begründet das Unternehmen mit der hohen Onlineaffinität der Berliner.

Direkt nach Barcelona

15 Mittelstreckenflugzeuge sollen fest am Flughafen BER in Schönefeld stationiert werden, das sind 6 mehr für Berlin als bisher. Zu den Investitionen zählt dabei eine eigene Flughalle auf dem Gelände sowie eine Lounge auf 1.500 Quadratmetern für die zahlungskräftige Klientel. Ab Juni 2012 sollen unter anderem Barcelona, Birmingham, Istanbul und Stockholm direkt angeflogen werden.

Damit wird deutlich, dass die Lufthansa in Berlin weniger auf DAX-Vorstände denn auf Touristen setzt. Die Verbindungen sollen zum Teil zweimal täglich angeboten werden und zu urlauberfreundlichen Zeiten: nicht vor 7 Uhr und in der Regel nicht nach 22 Uhr. Langstreckenflüge will die Lufthansa, anders als Konkurrent Air Berlin, erst einmal nicht anbieten. "Ich kann mir aber gut vorstellen, dass wir ein Jahr nach der Eröffnung auch die USA anpeilen", erklärte Spohr.

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