Direktor des Helms-Museums über Sparen: "Es bräche ein Proteststurm los"

Nach der vorläufigen Rettung des Altonaer Museums könnte nun das Helms-Museum fällig werden. Dessen Chef verweist allerdings auf die mächtige Harburger Lobby.

Das "kulturpolitische Feigenblatt Hamburgs": das Helms-Museum. Bild: dpa

taz: Herr Weiss, seit dem Kulturgipfel steht nicht mehr das Altonaer Museum auf der Abschussliste, sondern eventuell das Helms-Museum. Wie stehen Sie dazu?

Rainer-Maria Weiss: Auf einer potenziellen Liste standen alle Häuser der Stiftung Historische Museen. Die Frage ist, an welcher Stelle man steht. Bisher wurde nur über Platz eins gesprochen, und da stand offenbar das Altonaer Museum. Von Kürzungs- oder gar Schließungsplänen für das Helms Museum weiß ich allerdings nichts.

Zum 1. 4. 2011 muss die Stiftung aber sagen, wie sie 3,5 Millionen Euro sparen will. Da käme das nicht-hamburgische Helms-Museum gerade recht.

44, ist Direktor des Helms-Museums. Zuvor war er Kustos am Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte

Dass wir in Harburg residieren, hat historische Gründe. Das Archäologische Museum Hamburg, das zugleich archäologisches Landesmuseums ist, könnte überall in der Stadt sein. Und positiv gesprochen sind wir das kulturpolitische Feigenblatt Hamburgs im Süden - das Symbol für den Sprung über die Elbe.

Gehören Feigenblätter in Zeiten des Sparens nicht abschafft?

So könnte man es schlimmstenfalls sehen. Andererseits ist Hamburg die zweitgrößte Stadt Deutschlands mit nur einem einzigen archäologischen Museum. Berlin hat unzählige. Um unser Alleinstellungsmerkmal und unsere Daseinsberechtigung müssen wir uns also nicht sorgen. Und was die Dimension betrifft: Die ehemalige Kultursenatorin Dana Horáková hatte ja sogar die Idee eines Internationalen Archäologiezentrums auf dem Domplatz. Ihre Nachfolgerin Karin von Welck hat das beerdigt.

Sie sprachen vom Sprung über die Elbe. Springen die Hamburger überhaupt?

Ja. Umfragen zeigen, dass ca. 50 Prozent unserer Besucher aus Harburg und dem Süden und 50 Prozent aus den übrigen Stadtteilen Hamburgs kommen - ganz abgesehen von unserer überregionalen Ausstrahlung.

Machen Sie die an den Besuchern fest?

Nein. Aber an unseren Ausstellungspartnern und Anfragen aus dem In- und Ausland. Wenn etwa die Mittelsteinzeit in Schleswig-Holstein oder die Bronzezeit des nordischen Kreises bearbeitet werden, sind wir von Schweden bis in die Niederlande eine wichtige Adresse.

Dann ist dies gar kein Museum für Hamburgs Archäologie?

Nein. Wir sind das Hamburger Museum für Archäologie mit bedeutenden Beständen aus ganz Norddeutschland.

Und damit kein lokal verankertes Museum, das bei Schließungsplänen eine Lobby hätte.

Doch, die hat es. Wenn Sie in der Bezirksversammlung Harburg, an der TU, beim Wirtschaftsverein oder anderen auch nur andeuteten, dass das Helms-Museum schließen könnte, bräche ein Proteststurm los. Denn für die Harburger ist das "ihr" Museum, das hat auch mit ihrem Selbstverständnis gegenüber Hamburg zu tun. Wer diesem Haus Böses will, der lernt den Süden kennen.

Soll das eine Drohung sein?

Nein. Aber wer Schließungsoptionen durchspielt, muss das einkalkulieren.

Halten Sie für denkbar, dass die Politik ihre Sparforderung zurücknimmt?

Ich halte es sogar für unbedingt notwendig - spätestens dann, wenn die Stiftung am 1.4.2011 plausibel belegt, dass eine Sparquote in dieser Höhe nicht zu erbringen ist.

Die Stiftung würde also ein Worst-Case-Szenario zeichnen und hoffen, dass die Politik ein Einsehen hat …

Zum Beispiel. Wobei der Worst Case für mich ein rot leuchtendes Schreckenspapier wäre, das sämtliche Alarmsirenen erklingen ließe. Ich hege aber die Befürchtung, dass ein solches Papier, das uns Angstschweiß auf die Stirn treibt, von der Politik möglicherweise dankbar aufgenommen wird. Damit muss man rechnen. Alles andere wäre naiv.

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