Fahren ohne Fahrer: "Einfach den Autopiloten einschalten"

In Kalifornien testet der Konzern Google Autos, die ohne Fahrer auskommen sollen. Auch in Braunschweig wird daran geforscht. Ein Gespräch über autonome Notbremsen und sichere Spurwechsel.

Fahrer fehlt: Google arbeitet an Roboter-Autos und lässt eine Testflotte bereits im Straßenverkehr Kaliforniens fahren. Bild: dpa

taz: Herr Wille, warum sollte ein Auto allein fahren können?

Jörn Marten Wille: Es geht vielleicht weniger um autonomes Fahren, sondern um Assistenzsysteme. Letztlich verfolgt die Forschung mehrere Ziele: Das Auto soll sicherer, komfortabler und effizienter werden.

Ein fahrerloses Auto klingt eher nach Luxus. Warum steckt man die Forschungsgelder nicht in umweltfreundliche Autos?

Es geht zwar auch um Luxus, aber wichtiger sind die Aspekte Umwelt und Sicherheit. Jedes Jahr sterben immer noch genug Menschen im Straßenverkehr, da kann man noch viel tun, um Auffahrunfälle zu verhindern und die Unfallschwere zu mindern. Dabei helfen zum Beispiel Systeme wie die Notbremse, die eingreifen, bevor der Fahrer einen Auffahrunfall hat.

An welchen Projekten forschen Sie konkret?

Wir wollen Fahren in der Stadt energieeffizienter machen. Wie muss das Auto zum Beispiel mit den Ampeln interagieren, um möglichst wenig zu beschleunigen und zu bremsen? Ein weiteres Thema ist die Unterstützung beim Spurwechsel.

Wechselt das Auto dabei eigenständig die Spur?

Nein, vermutlich handelt es sich am Ende eher um einen Totwinkelüberwacher, der den Fahrer warnt, wenn es gefährlich ist, die Spur zu wechseln. Das System gibt es bereits für die Autobahn, wir forschen daran aber für den Stadtverkehr.

Er ist 1980 geboren und studierte Maschinenbau an der Technischen Universität Braunschweig. Am Institut für Regelungstechnik leitet der Diplom-Ingenieur das Projekt "Stadtpilot", das automatisches Fahren im Stadtverkehr erforscht.

Kontrolliert die Maschine bald den Menschen wie im Film "2001: Odyssee im Weltraum" von Stanley Kubrick?

Davon, dass man wirklich den Fahrer ersetzt, sind wir noch sehr weit entfernt. Das ist auch nicht unser Ziel. Autonomes Fahren könnte sich bei Szenarien anbieten, die der Mensch nicht gerne fährt. Wenn man zum Beispiel im Stau steht, gibt es wahrscheinlich nichts Schöneres, als auf einen Knopf zu drücken und auf Autopilot zu stellen.

Fakt ist aber, dass der Fahrer in einigen Bereichen weniger Kontrolle haben wird, oder?

Im Gegenteil: Der Fahrer wird immer die Kontrolle über das Fahrzeug behalten. Das ist bei unserem Auto "Leonie" ja auch so. Wenn ich bei den Kontrollfahrten nicht im Auto säße, würden wir das Auto nicht in den Stadtverkehr lassen. Weil da einfach noch zu viele Situationen sind, die wir momentan noch gar nicht beherrschen.

Momentan?

Wie das später aussehen wird, ist schwer vorherzusagen, da müsste ich in die Glaskugel schauen. Aber wenn man bei unserem Fahrzeug ins Lenkrad greift oder auf die Bremse tritt, ist sofort der autonome Modus vorbei.

Aber Systeme wie die autonome Notbremse lassen Kontrolle nicht mehr zu.

Richtig, aber sie greifen ja genau dann ein, wenn der Fahrer den Unfall gar nicht mehr verhindern kann. Das ist in erster Linie lebensrettend und nicht entmündigend. Andere Systeme wie zum Beispiel das energieeffiziente Fahren im Stadtverkehr könnte der Fahrer anstellen - oder auch nicht. Das entscheidet er selbst.

Fährt das Auto ohne Fahrer besser als mit?

Ich kann mir gut vorstellen, dass ein System irgendwann weniger Fehler macht als ein Mensch. Zum komplett fehlerfreien Fahren ist es aber ein sehr langer Weg.

Auch der Multi Google arbeitet am sogenannten Roboterauto, eine ganze Testflotte fuhr bereits durch Kalifornien. Google-Entwickler Sebastian Thun hält es für möglich, dass Autos ohne Fahrer in acht Jahren im Verkehr zugelassen würden. Was meinen Sie?

Mit solchen Aussagen tue ich mich schwer. Wir haben jetzt mit "Leonie" den großen Meilenstein erreicht, dass wir die ersten Fahrten in einer städtischen Umgebung realisieren konnten. Aber bis so ein System serienreif ist, wird es noch dauern.

Könnten irgendwann Autos unsere Kinder selbständig in die Kita bringen?

Für ausgeschlossen halte ich das nicht. Aber davon sind wir technisch noch weit entfernt.

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