Kommentar Anwohner gegen Clubs und Parks: Enteignet Spinner!

Neueigentümer klagen gegen freie Uferwege, alteingessene Clubs und öffentliche Parks. Da wird es Zeit, die Eigentumsfrage zu stellen.

In Potsdam wollen die Bewohner von Seegrundstücken die Öffentlichkeit vom Ufer vertreiben. In Prenzlauer Berg erregen sich Neubaunachbarn über einen alteingesessenen Musikclub. Und nun wollen sich dort auch noch Wohnungseigner ein Stück von einem öffentlichen Park erklagen. Man könnte einen Hauch von Verständnis aufbringen, wenn hier tatsächlich der böse Staat die Freiheit Einzelner eingeschränkt hätte. Doch das Gegenteil ist der Fall. In der Regel werden Neueigentümer aktiv, die sich in voller Kenntnis der Situation Häuser, Wohnungen oder Grundstücke gekauft haben - und mehr für sich rausschlagen wollen. Weg mit den Uferwegen! Weg mit den Clubs! Weg mit den Parks! Das ist nicht einfach geschichtsvergessen oder ignorant. Das ist - gelinde gesagt - eine Frechheit.

Das Problem dahinter ist die heilige deutsche Kuh: das Eigentum an Grund und Boden. Nach der Wiedervereinigung wurde so ziemlich alles "rückübertragen", was möglich war. Und als ob das nicht gereicht hätte, wurden auch noch massenhaft Grundstücke und Häuser von der öffentlichen Hand verkauft.

Doch wer in Deutschland besitzt, hat die Macht. Da kann die Politik bitten und betteln. Gestaltungsmacht bekommt sie nur, wenn sie Eigentümer mit reichlich Geld ruhigstellen kann. Das aber fehlt. Und daher muss man den Klägern fast schon dankbar sein. Denn je dreister sie agieren, desto offensichtlicher wird, dass das Eigentum nicht in jedem Fall unantastbar bleiben kann. Dass bei radikalen Verstößen des Individuums gegen das Gemeinwohl vielmehr dringend über Enteignung nachgedacht werden muss. Enteignet Spinner! Denn nur so wird aus der Frechheit der Eigentümer eine im Wortsinne bodenlose Frechheit.

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Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

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