Mögliche Wechselwirkung mit Drogen: Erneut Toter nach Pfefferspray-Einsatz

In Dortmund ist ein Mann gestorben, nachdem er von Polizeibeamten mit Pfefferspray zu Boden gebracht wurde. Zuvor hatte er Kokain konsumiert.

Polizist setzt bei Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm Pfefferspray gegen Demonstranten ein. Bild: dpa

BERLIN taz | Ein 32-jähriger Türke ist am Mittwoch nach einem Polizeieinsatz, bei dem Pfefferspray benutzt wurde, in Dortmund verstorben. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, hatte der Mann zuvor Kokain konsumiert. Die Obduktion am Donnerstagnachmittag ergab, dass der Mann an einem Mulitorganversagen starb.

Dortmunds Oberstaatsanwältin Ina Holznagel erklärte, dass der Pfefferspray-Einsatz damit nicht allein ursächlich für den Tod war. Als Auslöser könne ein Zusammenwirkung von Kokain, Atemstillstand und eine Atemwegsinfektion sein. "Auch das Pfefferspray könne zum Kreislaufschock beigetragen haben", sagte Holznagel. Die Obduktion ergab keine Hinweise auf übermäßige Gewalt beim Polizeieinsatz.

Der Mann besuchte Dienstagabend seine ehemalige Lebensgefährtin, verließ die Wohnung, „randalierte und schrie auf der Straße herum“, sagte Ina Holznagel taz.de. Anwohner verständigten Polizei und Sanitäter. Nach Angaben von Holznagel bedrängte der Mann die Sanitäter. Den Polizeibeamten gelang es nach eigenen Angaben nicht, ihn zu beruhigen. Um ihn zu Boden zu bringen, setzten sie Pfefferspray ein. Auf dem Weg zum Krankenwagen kollabierte der 32-Jährge, wurde reanimiert, verstarb aber am Mittwochnachmittag im Krankenhaus.

Noch am Abend versammelten sich vor der Dortmunder Polizeiwache in Mengede etwa 50 zumeist türkische Mitbürger, die in einer „insgesamt gegen die Polizei gerichteten aggressiven Grundstimmung Parolen skandierten“, heißt es in der Pressemitteilung der Polizei. Es soll etwa „Mörder, Mörder“-Rufe gegeben haben. Zu Übergriffen kam es nicht.

Es ist nicht der erste Todesfall nach dem Einsatz von Pfefferspray gegen Menschen, die unter Drogen oder Psychopharmaka standen. Laut Spiegel gab es in der zweiten Hälfte 2009 mindestens drei derartige Todesfälle. Dass es zwischen Capsaicin, dem im Pfefferspray verwendeten Extrakt aus der Chilischote, und Drogen tödliche Wechselwirkungen gibt, ist bis heute nicht wissenschaftlich erwiesen. Einige Experten gehen aber davon aus. Nicht nur die bekannten Fälle, auch Tierversuche weisen stark darauf hin.

Die möglichen Wechselwirkungen sind auch der Staatsanwaltschaft Dortmund bekannt. "Den Leuten steht aber nicht auf der Stirn geschrieben, dass sie Drogen konsumiert haben", sagt Oberstaatsanwältin Holznagel dazu lediglich. Routinemäßig wurden die Ermittlungen an die benachbarte Polizei in Bochum übergeben.

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