Studie des Innenministeriums: Kaum Einwanderung aus Afrika

Die zu erwartende Zunahme der Auswanderung aus Afrika wird Deutschland kaum betreffen, so eine Studie. Die Zukunftsaussichten Afrikas werden als düster beurteilt.

Gepackt für Europa? Laut Studie nicht unbedingt für Deutschland. Bild: ap

BERLIN taz | Die Auswanderung aus Afrika nach Europa dürfte in den kommenden Jahrzehnten zunehmen, aber Deutschland bleibt davon höchstwahrscheinlich verschont. Dies ist das Fazit einer voluminösen Studie zum "Migrationspotenzial aus Afrika", die das Bundesinnenministerium jetzt veröffentlicht hat. "Der Migrationsdruck an den EU-Außengrenzen wird in Zukunft eher zu- als abnehmen", erklärte Innenminister Thomas de Maizière dazu.

"Angesichts unterschiedlicher demografischer Entwicklungen in Europa und Afrika ist dies nahezu zwangsläufig. Hinzu kommt der Klimawandel", so der Minister. Zwar werde die afrikanische Migration nach Deutschland voraussichtlich gering bleiben, aber es könne "ein Anstieg der Zuwanderung aus Afrika auch nicht ausgeschlossen werden".

Die Studie zeichnet ein eher düsteres Bild der Entwicklung Afrikas in den kommenden Jahrzehnten, geprägt von einer Verdoppelung der Bevölkerung von gegenwärtig einer auf zwei Milliarden bis 2050, wirtschaftliche Unterentwicklung, politische Repression, Umweltveränderungen und negative Folgen des Klimawandels. "Afrika muss im Jahr 2050 über eine Milliarde Menschen mehr versorgen. Doch schon heute leben dort drei Viertel der Menschen von weniger als 2 US-Dollar am Tag, und immer mehr Menschen konkurrieren um die ohnehin knappen Ressourcen", heißt es.

Zitiert werden UN-Schätzungen, wonach bis zum Jahr 2050 18,4 Millionen Afrikaner ihren Kontinent verlassen dürften, knapp eine halbe Million pro Jahr. Dies werde unter anderem gefördert durch die "steigende Zahl der Menschen im häufigsten Abwanderungsalter (18 bis 30 Jahre) und das Fehlen angemessener Lebens-, Gesundheits- und Ausbildungsbedingungen".

Gelegentlich vermischen sich in der Analyse zeitgenössische Ansätze mit völlig überholten, die eher dem kolonialen Blick von vor hundert Jahren entsprechen, zum Beispiel wenn es heißt: "In Nigeria, dem bevölkerungsreichsten Land Afrikas, verwandeln sich jährlich 3.500 Quadratkilometer in Wüste. Dies bringt Stammesvölker, die bislang Abstand halten konnten, in eine unerwünschte Nähe zueinander." Auch andere Analysen sind eher unpräzise, so wenn festgestellt wird, dass eine "um sich greifende diffuse Zukunftsangst das Migrationspotenzial Afrikas zusätzlich erhöhen wird".

Emigration aus Afrika betrifft Deutschland den Angaben zufolge verhältnismäßig wenig. Während in Frankreich 3,5 Millionen Menschen aus Afrika leben, die meisten davon aus dem Maghreb, waren es in Deutschland Ende 2008 rund 740.000, davon 268.116 Menschen mit afrikanischen Staatsbürgerschaften und 480.000 weitere mit "afrikanischem Migrationshintergrund". Die wichtigsten Herkunftsländer waren mit jeweils 66.189 und 23.142 Staatsbürgern Marokko und Tunesien, gefolgt von Ghana, Nigeria und Kamerun. Im Jahr 2007 seien 1.997 illegale Einreisen von Afrikanern verhindert worden.

Zuzügen aus Afrika von 20.000 bis 35.000 im Jahr stünden Fortzüge von 15.000 bis 25.000 pro Jahr gegenüber, also ein Saldo von rund 5.000 jährlich. Zum Vergleich: In Frankreich, Italien und Spanien zusammen wächst die afrikanische Bevölkerung jährlich um 100.000. "Die Analysen für Deutschland haben ergeben, dass das Migrationspotenzial und die tatsächliche Zuwanderung von Afrika nach Deutschland auf geringem Niveau verbleiben dürften", so die Studie.

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