Spendenskandal bei der FDP: "Das ist doch absurd"

Die FDP hat sich angeblich mit Spenden die Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Hotel-Übernachtungen bezahlen lassen. Der Parteichef findet diese Kritik "konstruiert".

Wowereit fordert von FDP-Chef Westerwelle die Rückzahlung der Spende. Bild: reuters

BERLIN taz | Die FDP steht im Verdacht, sie habe sich politische Entscheidungen für hohe Parteispenden abkaufen lassen. Am Montag bestätigten führende FDP-Politiker Berichte, wonach die Partei von Oktober 2008 bis Oktober 2009 insgesamt 1,1 Millionen Euro an legalen Spenden von der Substantia AG angenommen hat. Die Firma mit Sitz in Düsseldorf gehört zum Firmenkonglomerat von August Baron von Finck, dessen Familie Haupteigentümerin der Mövenpick-Gruppe ist. Diese betreibt in Deutschland 14 Hotels.

Im Koalitionsvertrag einigten sich kurz darauf Union und FDP, den Mehrwertsteuersatz für Hotelübernachtungen von 19 auf 7 Prozent zu senken.

Die letzte Zahlung brachte die Substantia AG am 13. Oktober 2009 auf den Weg, als die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und FDP bereits liefen. FDP-Generalsekretär Christian Lindner bestätigte: "Ja, es hat diese Spende gegeben." Sie sei aber ordnungsgemäß verbucht und veröffentlicht worden. "Die FDP ist nicht käuflich", sagte Lindner.

Aus der SPD kam harsche Kritik. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit erklärte: "Es wird nun ganz offensichtlich, dass die FDP sich hat bezahlen lassen für ein Gesetz, das keiner brauchte und das für Steuerausfälle in gigantischer Größenordnung sorgt." Wowereit forderte die Freidemokraten auf, das Geld schon aus Gründen des Anstands zurückzugeben.

Der Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Hubertus Heil, attestierte FDP und CSU, die für die umstrittene Steuersenkung gekämpft hatten, "moralische Korruption". Offensichtlich habe sich die FDP von Hoteliers Spenden geben lassen, um dann Klientelpolitik zu betreiben. "Wir wissen jetzt, was Westerwelle mit geistig-moralischer Wende meint: nämlich Politik für wenige auf Kosten von vielen."

Aus Sicht des Vizechefs der Linke-Fraktion, Ulrich Maurer, führe die FDP-Spendenpraxis "eindrücklich vor Augen, dass Deutschland mehr und mehr zur gekauften Demokratie wird".

Selbst die CSU kritisierte indirekt die Spendenpraxis des Koalitionspartners. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt äußerte im Spiegel: "Die FDP muss sich endlich ihrer gesamtstaatlichen Verantwortung bewusst werden." Sie dürfe "nicht nur Lobbypolitik für ihre Kernkundschaft machen". CSU-Chef Horst Seehofer, dessen Partei sich bei den Koalitionsverhandlungen ebenfalls für die Mehrwertsteuersenkung stark machte, erklärte, die CSU habe keine Parteispenden aus der Firmengruppe des Miteigentümers der Hotel-Kette Mövenpick erhalten. Das gelte zumindest für seine Amtszeit, sagte der bayerische Ministerpräsident. Seehofer ist seit Oktober 2008 Parteivorsitzender.

Dem Vorwurf der Korruption widersprach FDP-Chef Guido Westerwelle. Einen Zusammenhang zwischen der Spende und der Senkung des Mehrwertsteuersatzes zu konstruieren, sei "absurd", sagte Westerwelle.

Die FDP-Generalsekretärin Birgit Homburger erklärte im Deutschlandfunk mit Blick auf die Mehrwertsteuersenkung für Hotel-Übernachtungen: Diese Forderung stehe auch "im tourismuspolitischen Papier der SPD, sie steht im Wahlprogramm der CSU, sie steht im gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU und sie steht sogar im Wahlprogramm der Linken".

Laut Transparency International hat die Substantia AG der FDP allein im Wahljahr 2009 850.000 Euro zukommen lassen. Im Jahr 2008 erhielt die CSU demnach 430.000 Euro von der Clair Immobilien Deutschland GmbH sowie 390.000 Euro von der Mercator Verwaltung GmbH. Im selben Jahr spendete die VM Holding AG 250.000 Euro an die FDP.

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