Grüner Schick über Kreditklemmen-Prävention: "Mehr Geld ist Irrsinn"

Den Regierungsplan, mit Milliarden für die Banken eine Kreditklemme zu verhindern, hält Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick für den falschen Ansatz.

Die Hochhäuser der Banken in Frankfurt am Main (Archivfoto vom 08.08.2008). Bild: dpa

taz: Herr Schick, wie ernst ist die Gefahr einer Kreditklemme in der deutschen Wirtschaft?

Gerhard Schick: Die Gefahr ist real. Die Finanzierungsbedingungen sind für Unternehmen deutlich schlechter, als sie es vor der Finanzkrise waren. Für die konjunkturelle Entwicklung ist es deshalb entscheidend, dass sich die Kreditvergabe an Firmen spürbar verbessert.

Um eine Kreditklemme in der Realwirtschaft zu vermeiden, will die Bundesregierung die Banken weiter entlasten. Ist das die richtige Strategie?

Ich halte es für falsch, auf eine verfehlte Art der Bankenrettung immer weitere zusätzliche Maßnahmen draufzusatteln. Schon die große Koalition hat es den Banken überlassen, ob sie staatliche Hilfen annehmen wollen oder nicht. Mit dem Prinzip der Freiwilligkeit hält die neue Bundesregierung an der falschen Strategie fest. Das hat nun zu einem sichtbaren Interessenkonflikt geführt, denn die Realwirtschaft fordert eine weniger bankenfreundliche Politik. Die Bundesregierung entscheidet sich dennoch für die Banken und gegen die Sicherung von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen.

Die Banken stecken in einer vertrackten Situation: Sie müssen gewaltige Verluste aus der Finanzkrise schultern, sehen strengere Eigenkapitalvorschriften auf sich zu kommen und haben es mit Kunden zu tun, deren Kreditwürdigkeit beständig abnimmt.

Die Banken befinden sich tatsächlich in einer schwierigen Phase, und sie wissen, dass ein Strukturwandel in der Finanzwirtschaft ansteht. Die Probleme lassen sich aber nicht damit lösen, dass man diesen Wandel vor sich herschiebt, die Kreditversorgung der Wirtschaft allein der Entscheidung von Bankvorständen überlässt und immer mehr Finanzrisiken auf den Steuerzahler überträgt.

Gilt das auch für den Plan der Bundesregierung, den Banken Forderungen in Milliardenhöhe abzukaufen, um so deren Fähigkeit zu verbessern, Kredite zu vergeben?

Es wäre Irrsinn, den Banken unkontrolliert noch mehr Geld zuzuschieben: Wer entscheidet etwa, welche Kredite aufgekauft werden? Und wer stellt sicher, dass das frei werdende Eigenkapital wirklich für die Kreditvergabe genutzt wird?

Was müsste passieren, um der Ursache der Kreditklemme zu beheben?

Ein Strategiewechsel, der die Banken in die Pflicht nimmt, ist überfällig. Mehr Eigenkapital für die Banken ist die wesentliche Voraussetzung, wenn man die Ursachen der Probleme beseitigen will. Die gewünschte Stabilisierung der Banken sollte nicht durch weniger Kreditvergabe erfolgen, sondern indem die Banken ihr Eigenkapital erhöhen. Das lässt sich den Banken aber nicht auf freiwilliger Basis schmackhaft machen, sondern der Staat muss sie dazu verpflichten.

Die Verbriefung von Krediten zählt zu den wichtigsten Ursachen der Finanzkrise. Nun werden noch mehr Milliarden gefordert, um das Geschäft mit Kreditverbriefungen wieder in Schwung zu bringen.

Anstatt mit solchen Vorschlägen die Verbriefungsmärkte zu subventionieren, müssen wir zunächst Vertrauen durch qualitativ hochwertige Verbriefungsmärkte schaffen. Denn dort gibt es große Qualitätsunterschiede. Damit Investoren ihr Risiko realistisch einschätzen können, benötigen wir auf diesen Märkten zunächst staatliche Regelsetzungen, höhere Transparenz und schärfere Kontrollen.

Ist die Unsicherheit im Bankensektor noch immer so groß, weil einige Grundprobleme, die dort schlummern, bis heute nicht angegangen wurden?

Der Finanzmarkt sieht durch die Krisensymptome zwar an manchen Stellen anders aus, aber an den Spielregeln hat sich eigentlich nichts geändert. Weder für Ratingagenturen noch für Hedgefonds sind neue gesetzliche Vorgaben in Kraft. Woher soll aber eine neue Stabilität kommen, wenn wir keine neuen Regeln haben?

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