Manuela Schwesig über Feministen: "Frauen fördern zu wenig Frauen"

Steinmeiers Schattenfamilienministerin Manuela Schwesig erklärt, warum sie kein Problem damit hat, Feministin genannt zu werden. Und findet, die Union wolle Frauen lieber wieder zu Hause sehen.

"Ich bin nicht wegen meines Aussehens, sondern wegen meiner Kompetenz ins Team Steinmeier berufen worden." Bild: dpa

taz: Frau Schwesig, Sie sind die "optische Aufhellung von Steinmeiers Schattenkabinett", so nannte es neulich ein Journalist. Fühlen Sie sich eigentlich ernst genommen?

Manuela Schwesig: Diese Bewertung zeigt doch sehr anschaulich, dass Männer und Frauen in unserem Land immer noch unterschiedlich behandelt werden. Frauen werden immer noch zu oft auf ihr Äußeres reduziert. Ich bin nicht wegen meines Aussehens, sondern wegen meiner Kompetenz ins Team Steinmeier berufen worden. Als Sozial- und Gesundheitsministerin in einem strukturell schwierigen Land trage ich bereits Verantwortung und bringe dort gute Dinge nach vorne. Ich weiß, was ich kann und was ich will.

Aber es ärgert einen doch irgendwie, oder?

Sich darüber zu ärgern ist Energieverschwendung. Wichtig ist für mich, dass Frauen, wenn sie in Führungspositionen sind, nicht vergessen, wie schwer es war, gegen die noch vorhandenen Vorurteile dorthin zu kommen. Ich vermisse manchmal, dass Frauen in Führungspositionen auch ihrerseits Frauen fördern.

Manuela Schwesig, 35, ist seit sechs Jahren SPD-Mitglied und wurde im Oktober 2008 zur Ministerin für Soziales und Gesundheit des Landes Mecklenburg-Vorpommern ernannt. Frank-Walter Steinmeier hat sie als Familienministerin in sein Schattenkabinett für die Bundestagswahl 2009 berufen. Manuela Schwesig ist verheiratet und hat einen Sohn.

Haben Sie da schlechte Erfahrungen gemacht?

Natürlich, wie die meisten anderen Frauen auch. Sehen Sie sich unsere Bundeskanzlerin an. Auch wenn sie in der Union ist, hätte sie doch was für die Frauen tun können. Aber sie übergeht ihr Frausein und macht keine offensive Frauenpolitik. Ich bin davon schon sehr enttäuscht.

In Steinmeiers Team könnte es Ihnen aber genauso gehen wie der SPD-Frauenministerin Christine Bergmann mit Kanzler Schröder: Im Koalitionsvertrag stand "Aufbruch in der Frauenpolitik", mit Quoten für die Wirtschaft. Am Ende war nur "Gedöns" übrig.

Frank-Walter Steinmeier nimmt die Frauenfrage ernst. Im Deutschlandplan steht nicht umsonst Gleichberechtigung gleichrangig neben Themen wie Arbeit oder Bildung. Das ist für mich glaubwürdig.

CDU-Familienministerin von der Leyen punktet weiterhin mit SPD-Familienpolitik. Jetzt will sie sogar 28 Monate Teilelterngeld, die SPD bietet nur 16 Monate.

28 Monate Teilelterngeld sind keine SPD-Politik. Wir wollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Deswegen verdoppeln wir die Partnermonate. Das macht die Union nicht. Sie will mit ihrer Wahlfreiheit nur ein Entweder-Oder. Ziel der Union ist es doch, dass Frauen zu Hause bleiben und höchstens Teilzeit arbeiten. Deswegen diese 28 Monate. Wir wollen, dass beide Eltern gleichzeitig ihre Arbeitszeit reduzieren und Elterngeld bekommen können.

Sie wollen einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Kinder ab einem Jahr. Dabei wird jetzt schon über die Qualität der Kitas geklagt. Ist die CDU da nicht realitätsnäher?

Der Ganztagsplatz ist wichtig für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aber auch für die Förderung von Kindern. Leider hat die CDU überhaupt nicht über die Qualität von Kitas nachgedacht. Die Politik war nur auf Statistik ausgerichtet. Wir wollen zusätzlich in die Qualität investieren, zum Beispiel in kleinere Gruppen und Eltern-Kinder-Zentren. Dafür brauchen wir auch den Bildungssoli.

Die Union hat kaum Frauenpolitik gemacht. Die SPD kommt nun mit einer 40-Prozent-Quote für Aufsichtsräte. Ist das für jemanden mit Ihrer Sozialisation - ohne Frauenbewegung und Quotendebatten - nicht etwas fremd?

Überhaupt nicht. Man sieht auch im Osten, dass Frauen trotz Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht automatisch in hohe Positionen kommen. Wir wollen mehr Frauen in Führungspositionen. Dafür brauchen wir verbindliche Regelungen und Zielvorgaben, zum Beispiel einen Frauenförderplan.

Frau von der Leyen hat sich mal als konservative Feministin bezeichnet. Wie würden Sie sich denn nennen? Alphamädchen?

Ich habe Schwierigkeiten mit diesen Labels. Frau von der Leyen nutzt eins - aber de facto hat sie für die Gleichstellung nichts getan. Konservativ und Feministin, das passt nicht zusammen. Die Union denkt, wenn wir eine Kanzlerin haben und noch ein paar Ministerinnen, dann ist das Gleichberechtigung. Das ist es aber nicht. Das muss ich als junge Frau in einer Führungsposition ganz deutlich sagen: Es gibt diese Gleichberechtigung in der Arbeitswelt nicht. Die Union betreibt reine Schaufensterpolitik.

Sind Sie Feministin?

Ich habe längst verinnerlicht, dass Männer und Frauen gleichberechtigt zusammen leben können. Deswegen muss ich das nicht betonen, aber mit dem Begriff kann ich schon gut leben. Ich bin in einer Position, in der ich über Diskriminierungen hinwegsehen könnte, wenn ich wollte. Ich will das aber nicht. Das unterscheidet mich vielleicht von manch anderen Frauen in Führungsjobs.

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