Körperverletzung im Amt (I): Junge Polizistin packt aus

Vor dem Pinneberger Amtsgericht sagt eine Polizistin gegen ihren prügelnden Kollegen aus. Der ältere Beamte hatte einen Jugendlichen geschlagen. Später drohte er: "Sag bloß nichts Falsches".

Ausscheren unmöglich: Nicht nur motorisierten Polizisten ist die kollegiale Solidarität manchmal ein gar zu hohes Gut. Bild: Foto: dpa

Courage zeigte am Freitag die Polizeibeamtin Karolin M.: Sie sagte gegen ihren Ex-Streifenkollegen Guido C. vor dem Pinneberger Amtsgericht aus, wo er sich wegen Körperverletzung im Amt verantworten musste. Und das trotz der Warnung von Polizeiverteidiger Walter Wellinghausen, ehemals Innenstaatsrat in Hamburg, sie könne sie mit einer Aussage womöglich den Beleg dafür erbringen, dass sie sich seinerzeit der Unterlassung oder Beihilfe schuldig gemacht habe. Amtsrichter Martin Rosenbaum verurteilte Guido C. zu sechs Monaten Haft auf Bewährung.

Es war eine routinemäßige Streifenfahrt entlang der Osterfeuer in der Unterelberegion im vorigen Jahr. Die 24-Jährige zierliche Polizistin mit langen blonden Haaren war erst wenige Tage zuvor nach Pinneberg versetzt worden. Für den Abend war sie dem kräftigen und untersetzten 43-Jährigen Vorgesetzten C. zugeteilt worden.

Gegen 0.40 Uhr bemerkten sie auf der Hauptstraße in Holm an der Bushaltestelle eine Gruppe Jugendlicher, aus dem damals 18-jährigen Ömer K. den Polizisten beim Vorbeifahren den "Stinkefinger" zeigte. C. habe zurückgesetzt, beide seien ausgestiegen und hätten den alkoholisierten K. aus der Gruppe gezogen, erinnert sich Karolin M.. Kollege C. habe den Jugendlichen an den Streifenwagen gedrückt, durchsucht, gefesselt und in den Passat verfachtet "Ich wusste gar nicht warum, bei einer Beleidigung werden die Personalien vor Ort aufgenommen", berichtet M..

Sie habe neben K. auf der Rückbank gesessen. "Anfangs dachte ich, wir fahren nur um die Ecke." Doch C. wollte K. aufs Pinneberger Revier bringen. Während der Fahrt habe K. mit Worten wie "Prügelcops" und "Totschlagbullen" provoziert. Ihr Kollege habe "Halts Maul!" gerufen. Plötzlich habe C. den Streifenwagen gestoppt, sei zur Hintertür gegangen und habe K. halb aus dem Wagen gezerrt. Was C. gesagte, konnte die Streifenpolizistin nicht hören. Prügel-Opfer K. behauptet vor Gericht, der Polizist habe ihm gedroht: "Halts Maul, oder Du kriegst was auf die Fresse."

Die Fahrt ging weiter, die verbalen Streitereien seien trotz ihrer Beschwichtigungen weitergegangen, sagt die junge Polizistin. Dann habe C. erneut auf der Landstraße gebremst und sich zu K. umgedreht. Er habe ihn an der Jacke nach vorne gezogen, ihm links und rechts zwei Ohrfeigen verpasst und mit dem Handballen gegen die Stirn geschlagen. "Ich war überrascht und erschrocken und fühlte mich überrumpelt", schildert M. ihre Gemütslage nach der Attacke. Opfer Ömer K. sagt, er habe M. nach den Schlägen gefragt, ob sie das in Ordnung finde. Sie habe nur mit den Achseln gezuckt, so K. "Mir kam es so vor, dass sie selbst geschockt war."

Dann ging es weiter zum Revier. Sie habe in jener Nacht den Vorfall nicht mehr angesprochen, gesteht M. "Ich wusste, dass er der Meinung ist, dass alles okay war." Sie habe die Nacht über gegrübelt. "Ich wusste nicht,was ich machen sollte, ich hatte bei allem ein ungutes Gefühl." Sie habe daher am nächsten Tag beim ihrem Dienstvorgesetzten über den Kollegen Guido C. erkundigt. Dabei sei der Vorfall zur Sprache gekommen, was dazu führte, dass C. Karolin M. privat aufsuchte und drohte: "Sag kein falsches Wort!" "Ich war überrascht und bekam Angst", schildert M. das Nachspiel. Sie habe umgehend um eine Versetzung nach Norderstedt gebeten. Ob sie auf den Vorfall noch mal angesprochen worden sei, fragt Verteidiger Wellinghausen. "Ja", sagt M. spitz. "Auf jeder Dienststelle - von allen Kollegen."

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