Kommentar Krise der Deutschen Bank: Im Würgegriff der Investmentbanker

Die Aktionäre der Deutschen Bank sind unzufrieden – zu Recht. Das Investmentbanking schwächelt, aber die Bank setzt mehr darauf als je zuvor.

Alles verkehrt herum – das haben diese Wasserspiegelung und die Deutsche Bank gemeinsam. Bild: reuters

Die Deutsche Bank steckt in einer tiefen Krise, wie besonders eine Zahl deutlich macht: An der Börse sind ihre Aktien weniger wert als das offizielle Eigenkapital. Die Anleger haben die Verluste also eingepreist, die durch diverse Strafzahlungen und toxische Papiere entstanden sind. Auch für die Zukunft scheinen die Investoren nicht zu erwarten, dass die Erträge der Deutschen Bank signifikant steigen.

Mit diesem Pessimismus liegen die Anleger richtig. Denn es ist nicht klar, womit die Bank eigentlich noch Geld verdienen will. Stattdessen muss sie eine Horde von teuren Spekulanten durchfüttern: die Investmentbanker.

Das Investmentbanking ist ein seltsamer Geschäftsbereich. Dort werden Erfolgsbeteiligungen namens Boni ausgeschüttet – unabhängig vom Erfolg. Die Investmentbanker kassieren Milliarden, während die Aktionäre mit mickrigen Dividenden zufrieden sein müssen. Dies ist nur scheinbar ein Widerspruch, denn die Deutsche Bank befindet sich längst im Würgegriff ihrer Investmentbanker.

Die Boni werden zum Teil in Aktien ausgezahlt – was die Investmentbanker automatisch zu Miteigentümern macht. Es ist nicht klar, wie groß ihr Stimmenanteil ist. Aber er war auf jeden Fall groß genug, um Anshu Jain, der zuvor das Investmentbanking in London geleitet hatte, als Ko-Chef der Deutschen Bank durchzusetzen.

Gigantische Finanzblase

Die Investmentbanker sind zwar mächtig, aber ihr Geschäft schwächelt. Der Handel mit Anleihen, Aktien, Währungen und Derivaten wirft Milliardengewinne nur ab, solange das Finanzvolumen immer größer wird, mit dem spekuliert wird. Seit 1980 wurde eine gigantische Finanzblase aufgepumpt, doch inzwischen ist sie so groß, dass sie sich kaum noch weiter ausdehnen lässt.

Denn die Realwirtschaft wuchs nur schwach – aber aus der Realwirtschaft stammen die Renditen, die man im Investmentbanking absaugen will. Das Finanzsystem ist mittlerweile so instabil, dass jederzeit ein weiterer Crash denkbar ist, der dann vor allem das Investmentbanking trifft.

Dieses Risiko ist weder den Anlegern noch der Aufsicht entgangen, sodass der Druck auf die Deutsche Bank, ihr Eigenkapital zu erhöhen, steigt. Die Bank reagiert jetzt ganz im Sinne ihrer angestellten Spekulanten: Sie schließt Filialen, vergrault Privatkunden und stößt die Postbank ab – wird also noch stärker auf das Investmentbanking setzen. Das kann gar nicht gut gehen.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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