Kolumne Press-Schlag: Abgeblattert

Es gibt kaum etwas Unwichtigeres als die Personalie des Fifa-Präsidenten. Sepp Blatter ist nicht das Problem und Prinz Ali nicht die Lösung.

Fußballfans aus Buenes Aires mit Luftballons.

Die Fans sollten sich den Fußball zurückholen. Foto: dpa

Gut, das Gesicht der Fifa ist er natürlich. Man könnte sagen: Sepp Blatter ist die Fratze des Weltfußballverbandes. Und auch das geht: Der Blattersepp ist bloß eine – auch wenn der erste Teil des Wortes nur schwer über die Tastatur geht –: Charaktermaske.

Sepp Blatter ist nämlich Chef des Verbandes, der seit 1904 Monopolist in Sachen Fußball ist. Es ist ein Weltkonzern, seine teuerste Ware ist das, was man früher „Weltmeisterschaft“ nannte und was seit ein paar Jahren „Fifa World Cup“ heißt, Registered Trademark selbstverständlich.

Sein Geld macht der Konzern mit dem Verkauf der Fernsehrechte und mit dem Verkauf der geschützten Begriffe an exklusive Sponsoren. Wenn ein Bäcker „Weltmeisterbrötchen“ ins Regal legt, kriegt er eine Abmahnung.

In einer halbwegs zivilisierten Sportwelt gäbe es das nicht, aber: Es ist die Geschäftsgrundlage der Fifa. Nur ein Chef, der das Monopol hegt und pflegt und ausbaut, wie es Blatter und sein Amtsvorgänger João Havelange seit den siebziger Jahren taten, ist ein guter. Jeder, der als Alternative zum Blattersepp gehandelt wird und wurde, muss dieses Kriterium erfüllen: Macht und Reichtum der Fifa mehren.

Nichts als Facelifting

Was in der Kampagne, der Blattersepp müsse endlich weg, zum Ausdruck kommt, ist also zunächst nur die Ansicht, ein neues Gesicht müsse her. Facelifting. Sodann zeigt sich in der Rücktrittsforderung, wie sie etwa von Uefa-Präsident Michel Platini vertreten wird, der politische Wille, dem europäischen Fußball mehr Macht zu geben. Statt der als zu mächtig empfundenen afrikanischen und asiatischen Verbände soll der Kontinentalverband mit den meisten WM-Teilnehmern, den reichsten Klubs und der Geldmaschine Uefa Champions League den Weltfußball beherrschen.

Die Uefa ist also keine Alternative zur Fifa, sie ist bloß deren mächtigster Kontinentalverband, der – oh Wunder – noch mächtiger werden möchte.

Was nicht in Sicht ist, ist eine halbwegs starke Bewegung für eine Demokratisierung des Weltfußballs: Fans, die sich das Spiel zurückholen. Profis, die sich nicht bevormunden lassen. Parteien und soziale Bewegungen, die den Fußball als ein Recht der Menschen ernst nehmen.

Möglich und nicht ganz unrealistisch wäre eine kapitalistische Modernisierung des Fußballs: dass sich also die reichen Clubs von der Fifa emanzipieren und ihren eigenen Verband ausrufen.

Spannend wäre das, vielleicht auch nicht ganz unsympathisch. Aber dass wir so einem demokratischen Fußball näher kämen, ist leider nicht zu erwarten. Und Sepp Blatter? Der hat damit so wenig zu tun wie Michel Platini oder Karl-Heinz Rummenigge, der von einem „Neubeginn in der Fifa“ spricht.

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Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte

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