Parteitag der Linken: Bitte nicht spenden!

Die Linke will auf Geld von Unternehmen verzichten. Aber was ist mit Bratwürsten für das Sommerfest eines Ortsverbandes?

Eine Bratwurst im Brötchen in einer ausgestreckten Hand

Darf man das annehmen? Foto: dpa

BERLIN taz | Eigentlich muss sich die Linkspartei selten mit Firmenspenden beschäftigen. Ab und zu stecken ihr wohlwollende Unternehmer zwar ein paar Hundert Euro zu. Aber während Großkonzerne den übrigen Bundestagsparteien jedes Jahr sechsstellige Beträge überweisen, gehen die Linken meistens leer aus.

Trotzdem steht das Spendenthema auf der Tagesordnung des Parteitags am Wochenende: Die Linken werden voraussichtlich beschließen, von Unternehmen aus Prinzip kein Geld mehr anzunehmen – überlegen aber noch, wie konsequent sie tatsächlich sein wollen.

Die Debatte hat eine lange Vorgeschichte: Im Bundestag fordert die Linksfraktion seit Langem, Unternehmensspenden durch eine Klausel im Parteiengesetz zu verbieten. Im vergangenen Jahr fiel dem Parteivorstand dann auf, dass es glaubwürdiger wirkt, wenn die Linken mit gutem Beispiel vorangehen. Also schlug er schon dem letzten Parteitag eine Satzungsänderung vor.

Würste sind wichtiger

Der Antrag, sämtliche Unternehmensspenden abzulehnen, verfehlte aber die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit. Zu wichtig fanden die Delegierten die gelegentlichen Kleinspenden. Einer argumentierte, für das Sommerfest seines Ortsverbandes stifte die lokale Metzgerei regelmäßig Bratwürste. Die seien für die Partei unverzichtbar.

Also schrieb Schatzmeister Thomas Nord für den kommenden Parteitag einen neuen Antrag. „Die Partei verzichtet grundsätzlich auf Unternehmensspenden“, steht darin. Im Einzelfall stehe es den Landesverbänden aber frei, Ausnahmen zu erlauben. Widerspricht ein Mitglied einer Spende, müsse der Bundesvorstand abschließend entscheiden. „Das ist hoffentlich ein akzeptabler Kompromiss“, sagt Nord.

Das sieht aber nicht die gesamte Partei so. „Auch der kleine Fleischer weiß, dass sich bei Gelegenheit jemand an seine Würste erinnert“, sagt die Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak. Wer glaubhaft verhindern wolle, dass Unternehmen Einfluss auf die Politik nehmen, dürfe also keine Ausnahmen zulassen.

38 Cent extra

Und der aktuelle Vorschlag führe zu einem neuen Problem: Wer eine Spende erst nach einem monatelangen Beschwerdeverfahren zurücküberweise, müsse sie laut Parteiengesetz im Rechenschaftsbericht vermerken. Damit bekäme die Partei automatisch mehr Geld vom Staat, der für jeden gespendeten Euro 38 Cent obendrauf legt. Und das, obwohl die Linkspartei das Spendensystem doch eigentlich ablehnt. „Moralisch fände ich es nicht unbedingt angemessen, dieses Geld anzunehmen“, sagt Wawzyniak.

Vielleicht gibt es aber zumindest für dieses Problem eine Lösung. Der Parteienrechtler Sebastian Roßner muss nach Anfrage der taz zwar erst eine Nacht über das Konstrukt schlafen, da der Linken-Vorschlag absolutes Neuland ist. Dann sieht er aber einen Ausweg: „Eine Parteispende ist zivilrechtlich gesehen ein Vertrag zwischen Spender und Partei. Sie gilt erst dann als vollzogen, wenn die Partei das Geld angenommen hat.“

Solange die Partei nicht gemäß ihrer Satzung entschieden habe, das Geld (oder die Wurst) wirklich zu behalten, sei die Schenkung nicht abgeschlossen. „Um die politische Intention der Partei zu schützen, Unternehmensspenden auszuschließen, muss die Spende bis zu einer Annahme durch den Vorstand auch noch nicht im Rechenschaftsbericht auftauchen.“ Und damit wäre die Partei auch nicht in der unangenehmen Lage, für jede abgelehnte Bratwurst ein paar Cent aus der Staatskasse zu erhalten.

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