Kita-Streit in Deutschland: Basis soll Richtung weisen

Die meisten Verdi-Streikdelegierten haben den Schlichterspruch abgelehnt. Nun sollen die Mitglieder befragt werden.

Gummistiefel in einem Kindergarten

Gummistiefel in einem Kindergarten Foto: dpa

FRANKFURT/BERLIN taz | Ihre roten Streikwesten mit dem Logo „Aufwerten jetzt“ haben die SozialpädagogInnen und ErzieherInnen am Mittwoch wieder angezogen. „Wir sind zu 100 Prozent streikbereit“, sagt eine Sozialpädagogin, die mit verschränkten Armen auf den Beginn der Verdi-Streikdelegiertenkonferenz in Frankfurt wartet. Über vier Stunden debattierte die Verdi-Spitze mit der Basis über den Schlichterspruch. Und lehnte ihn mehrheitlich ab – mit der Empfehlung, noch einmal alle Mitglieder zu befragen.

In den nächsten vier Wochen sollen die Verdi-ErzieherInnen und SozialarbeiterInnen ihr Votum abgeben. „Jeder soll sich ein Bild machen können, was das für sie oder ihn bedeutet“, sagte Verdi-Chef Frank Bsirske. Auf Basis der Befragung sollen die Streikdelegierten dann entscheiden, ob sie den Streik fortsetzen oder beenden.

Das Votum der Konferenz ist eine herbe Niederlage für die Verdi-Verhandlungsführer. Die hatten den Mitgliedern am Dienstag empfohlen, dem Schlichterspruch trotz Mängeln zuzustimmen.

Vier Wochen lang hatten ErzieherInnen und SozialpädagogInnen für eine deutlich höhere Eingruppierung ihrer Berufsgruppen in der kommunalen Tariftabelle gestreikt und schließlich in eine Schlichtung eingewilligt. Die am Dienstag bekannt gegebenen Empfehlungen der beiden Schlichter sehen Einkommensverbesserungen von durchschnittlich 3,3 Prozent vor. Doch die Spanne der Verbesserungen ist breit. Folgen die Gewerkschaften der Empfehlung, profitieren vor allem berufserfahrene ErzieherInnen und LeiterInnen kleiner Einrichtungen. Sie sollen vor Steuern bis zu 160 Euro mehr pro Monat verdienen.

„Richtig sauer“

BerufsanfängerInnen müssen sich mit Gehaltserhöhungen zwischen 33 und 68 Euro brutto zufriedengeben, SchulsozialarbeiterInnen gehen ganz leer aus. Auch für studierte ErzieherInnen, die KindheitspädagogInnen, gibt es keine eigene Gehaltsgruppe, sie sollen nach wie vor wie gelernte Kollegen bezahlt werden.

„Ich bin richtig sauer“, sagt Sabine Vedder-Von Kleist. „Für 80 Prozent von uns Streikenden ist nichts rausgekommen“, schimpft die Mitarbeiterin der Kommunalverwaltung. Eine Aufwertung sehe anders aus.

Viele Streikdelegierte empörten sich auch darüber, dass nur das Leitungspersonal bessergestellt werde: „Wir wollten eine Aufwertung, keine Tariferhöhung. Das geht aber nur, wenn alle deutlich bessergestellt werden“, heißt es von Delegierten.

„Das Ergebnis bedeutet eine deutliche Spreizung und könnte dazu führen, dass die verschiedenen Berufsgruppen auseinanderdividiert werden“, befürchtet auch Norbert Hocke vom Vorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Die Mitglieder der GEW-Tarifkommission hatten den Schlichterspruch ebenfalls kritisch beurteilt. Gleichwohl hatte auch die GEW-Spitze ihren Mitgliedern empfohlen, das Ergebnis anzunehmen. Obwohl die Gewerkschaften bereits einräumten, dass das eigentliche Streikziel, nämlich „eine echte Aufwertung des gesamten Berufsfeldes, noch nicht erreicht ist“.

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