Flüchtlinge vor Griechenland: Luft raus, Motor weg

Flüchtlinge berichten von Übergriffen teils maskierter griechischer Spezialeinheiten: Sie hätten in der Ägäis ihre Boote geentert und den Motor ausgebaut.

Menschen mit Schwimmwesten springen von einem Schlauchboot auf den Strand

Flüchtlinge erreichen die griechische Insel Kos, 16. Juli Foto: dpa

BERLIN taz | Die griechische Küstenwache soll in den letzten zwei Wochen mindestens vier mal mit Gewalt gegen Flüchtlingsboote vorgegangen sein. Das berichten Insassen der Boote gegenüber der Initiative Watch the Med. Diese betreibt ein Notfalltelefon im Mittelmeerraum, an das sich Flüchtlinge in Seenot wenden können.

Zuletzt gingen vier Meldungen aus der Ägäis ein. Flüchtlinge berichteten, dass teils maskierte Spezialeinheiten der Küstenwache zwischen dem türkischen Festland und den griechischen Inseln an Bord gekommen seien. Die Boote seien zu der Zeit nicht in Seenot gewesen.

Am 27. Juli etwa meldete sich ein Insasse eines Bootes vor der Insel Lesbos, auf dem sich 54 Flüchtlinge aus Afghanistan befanden. Er berichtet, dass gegen 7.40 Uhr früh griechische Küstenwächter an Bord gekommen, die Insassen bedroht und den Motor ausgebaut und mitgenommen hätten. Das Boot trieb auf dem Meer umher, bis die türkische Küstenwache die Insassen rettete und in die Türkei zurückbrachten. Türkische Medien berichteten über den Vorfall.

Am Vorabend war Insassen eines Bootes vor der Insel Chios dasselbe widerfahren, auch sie hatten sich telefonisch beim Alarmtelefon gemeldet.

Benzin von Bord geklaut

Am 31. Juli berichteten Flüchtlinge, Angehörige der Küstenwache hätten vor der Insel Samos ihr Boot zerstochen. Auch sie seien von den Türken gerettet worden. Am 1. August meldeten sich Flüchtlinge, denen von Unbekannten das Benzin von Bord gestohlen wurde. Die türkische Küstenwache habe sie schließlich nach Izmir gebracht.

Die griechische Küstenwache war lange verschrien, in großer Zahl sogenannte Pushbacks, illegale Zurückweisungen auf See, durchgeführt zu haben. Amnesty International, Human Rights Watch und Pro Asyl hatten bis 2014 unabhängig voneinander in der Türkei Hunderte Zeugenaussagen hierzu gesammelt. Dabei war klar geworden, dass die Griechen teils schwere Gewalt bis zur Zerstörung der Boote eingesetzt hatten.

Die linke Syriza-Regierung hatte versprochen, diese Praxis zu unterbinden. Tatsächlich hatte es seit Januar keine Berichte von Pushbacks in der Ägäis mehr gegeben. „Wir sind jetzt alarmiert“, sagte ein Sprecher von Watch the Med. Die Gruppe glaubt, die Küstenwache wolle mit ihrem Vorgehen Flüchtlinge von der Überfahrt aus der Türkei abhalten. Die Ankünfte von irregulären Migranten auf den griechischen Inseln haben sich 2015 im Vergleich zum Vorjahr verzehnfacht.

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