Kommentar Abweichler in der Union: In Ruhe Demokratie üben

Beim Griechen-Hilfspaket werden viele Abgeordnete der Union mit „nein“ stimmen. Für die CDU ist das auch eine Chance.

CDU-Fraktion im Bundestag

CDU-Fraktion im Bundestag: Wer stimmt am Mittwoch mit „nein“? Foto: dpa

Dutzende Abgeordnete stimmen gegen die Regierungslinie, Fraktionschef Volker Kauder tobt, die Mehrheit schmilzt: Vor der Abstimmung über das Griechenland-Kreditpaket am Mittwoch hat die Union mit einer Horde von Abweichlern zu kämpfen. Für die Partei ist das eine ungewohnte Situation – und gleichzeitig ein Glücksfall.

Offene Debatten kannte sie bisher vor allem vom Hörensagen: Die Linksfraktion verfolgt ihr Führungspersonal schon mal bis auf die Toilette, die Grünen befinden sich seit ihrer Gründung im Richtungsstreit und die SPD stimmt im Zweifel zwar stets mit Sigmar Gabriel – leistet sich im Vorfeld aber zumindest Diskussionen. Die CDU funktioniert bis dato anders: Die Spitze diktiert, das Fußvolk nickt ab.

Wer diese Aufgabenteilung als antiquiert bezeichnet, tut der Partei nicht unrecht. Selbst die CDU-Spitze hat Reformbedarf erkannt und erst am Montag ein Modernisierungsprogramm vorgestellt. Zumindest in den Kreisverbänden dürfen einfache Mitglieder künftig häufiger mitentscheiden. Wenn es die Union mit Partizipation und innerparteilichem Pluralismus ernst meint, muss sie aber noch einen Schritt weiter gehen. Eine wirklich moderne Volkspartei muss schließlich auch damit klarkommen, dass Abgeordnete auf Bundesebene von Zeit zu Zeit einen eigenen Willen entwickeln.

Die Abstimmung über die Griechenland-Kredite ist dafür das ideale Testgelände: Die Regierungsmehrheit ist so komfortabel, dass es keine Rolle spielt, ob am Ende 60 oder 70 Unionsabgeordnete mit „nein“ stimmen. Und Merkel selbst müsste sich auch bei 100 Abweichlern nicht sorgen, dass ihre Autorität mehr als nur Risse bekommt. Die CDU weiß schließlich, was sie an der Kanzlerin hat. Wegen der Griechenland-Kredite wird die Partei nicht gegen ihre Chefin meutern.

Die Griechenland-Krise mag also viele Verlierer hervorbringen, die CDU gehört aber nicht dazu. Im Gegenteil: Sie kann in aller Ruhe parteiinterne Demokratie üben.

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Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.

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