Anstieg von Lebensmittelunverträglichkeit: Aber bitte mit ohne

Die Zahl derer, die nicht alles essen, steigt. Und damit auch der Hass, der ihnen entgegenschlägt. Wir erkunden ein umkämpftes Gebiet.

ein Teller Nudeln

Die Tomaten gehen schon mal gar nicht: Fructose. Und die Pasta: Gluten. Foto: dpa

Miley Cyrus, Lady Gaga und Victoria Beckham schwören darauf. Gwyneth Paltrow veröffentlichte ein eigenes Kochbuch. „Its all good“ preist das Kochen ohne Gluten an. Das ist derzeit wohl der größte Trend unter den „frei von“-Ernährungsweisen. 29 Prozent der US-Amerikaner sich glutenfrei zu ernähren. Das ermittelte die Marktforschungsgruppe NPD Group.

Auch viele Deutsche essen nicht mehr alles. Mittlerweile verzichten jede und jeder Vierte hierzulande auf bestimmte Inhaltsstoffe wie Gluten oder Laktose.

Doch woran liegt das? Verweichlichen die hochindustrialisierten Gesellschaften? Viele Nichtbetroffene fühlen sich von denen genervt, die im Restaurant, im Supermarkt und beim Kochen mit Freunden fragen, ob das Essen bitte auch ohne Ei, Käse, Tomaten oder etwas anderes zu haben ist. 43 Prozent der Befragten sahen das in einer Umfrage von Ears and Eyes im Jahre 2014 so.

In der jüngsten Vergangenheit erschienen Texte in Süddeutscher Zeitung und Stern, sowie Bücher, in denen die Autorinnen ihre Genervtheit herausgeschrien haben. Für die meisten in Deutschland sind die Schuldigen für diese Entwicklung klar: Die Lebensmittelhersteller sind Schuld an der zunehmenden Unverträglichkeit. Durch die schlechte Qualität vieler Produkte würden Allergien und Unverträglichkeit ansteigen.

Wissenschaftler beobachten einen Anstieg von Allergien in der Bevölkerung. Nicht nur gegen Lebensmittel. Auch Heuschnupfen und Asthma sind verbreiteter als noch vor dreißig Jahren, was unter andrem von verbesserten Hygienebedingungen herrührt könnte. Das Immunsystem wird unterfordert und reagiert stärker auf Pollen und Feinstaubbelastung in der Luft. Viele Heuschnupfen-Geplagte entwickeln auch für botanisch eng mit der jeweiligen Pollenart verwandte Lebensmittel, eine Allergie.

Selbsteinschätzung und Wirklichkeit

Wer auf Fructose, Laktose und Gluten verzichtet, wird schnell als durchgeknallt abgestempelt. Tatsächlich gibt es einen Hype. Aber es gibt auch die, die wirklich leiden. Warum die sich missverstanden fühlen, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 1./2. August 2015. Außerdem: Gefängnisse gelten auch in Europa als Brutstätten für islamistische Attentäter. Drei deutsche Muslime tun alles, um das zu verhindern. Ein Gespräch mit Philipp Ruch, dem Gründer des Zentrums für Politische Schönheit: In Deutschland ist man zynisch und lethargisch, sagt er. Und: 70 Jahre nach Hiroshima wird nicht ab- sondern aufgerüstet. Noch nie war es so billig eine Atombombe zu bauen. Dazu: welche Atomkriege durch Fehlalarme, Schlamperei und Drogenmissbrauch beinahe stattgefunden hätten. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Und das kann für die Betroffenen sehr hart sein. Zöliakie, also die Gluten-Unverträglichkeit, beispielsweise ist eine erstzunehmende Autoimmunerkrankung. Isst ein Betroffener ein Stück Brot, Kekse oder Müsli, entzündet sich die Dünndarmschleimhaut. Folgen können Verdauungsstörungen, Mangelerscheinungen, eingeschränkte Leistungsfähigkeit und Müdigkeit.

Selbsteinschätzung und Wirklichkeit liegen allerdings weit auseinander, wenn es um Unverträglichkeit von Lebensmitteln geht. Bei einer Spiegel-Online Umfrage im Jahr 2014 gaben neun Prozent der Befragten an, an einer Gluten-Unverträglichkeit zu leiden. Nach Einschätzungen von Experten betrifft das allerdings nur 0,4 Prozent der Deutschen. Andere Studien schätzen den tatsächlichen Wert auf ein Prozent. Ähnlich ist es mit der Histamin-Unverträglichkeit. Laut Selbsteinschätzung leiden elf Prozent der Befragten unter dieser. Experten schätzen den tatsächlichen Wert auf drei Prozent.

Sind wir also alle unverträglich, einfach nur, weil dies gerade in ist?

In der taz.am wochenende vom 1./2.August 2015 schaut sich taz-Autorin Maria Rossbauer den Kampf um das „Frei-von“-Essen an. Sie selbst verträgt weder Fruktose noch Laktose, ist also auf Ausweichprodukte angewiesen. Sie untersucht die Argumente derjenigen, die sie angreifen und fragt sich: Bin ich eine Spinnerin?

Sie besucht eine der Firmen, die nach Meinung vieler sehr viel Geld mit dem „frei von“-Essen machen. Und sie trifft eine Ärztin, die entdeckt hat, wie Lebensmittel unsere Zellen direkt angreifen.

Was meinen Sie? Ist der Trend nicht mehr alles zu essen eine Modeerscheinung? Oder achten wir einfach mehr auf unseren Körper und trauen uns endlich zu sagen, wenn uns etwas nicht gut tut?

Diskutieren Sie mit!

Die große Geschichte „Die unverträgliche Gesellschaft“ lesen Sie in der taz.am wochenende vom 01./12. August 2015.

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