Kolumne Press-Schlag: Fifafallera

Wenn der Weltfußballverband ein durch und durch mieser Verein ist, warum sucht man dann für diesen Sauhaufen einen besseren Kopf?

Sepp Blatter und Michel Platini schauchen sich freudestrahlend an.

Sepp Blatter und Michel Platini: Die Zeit für Fifa-Präsidenten ist abgelaufen. Foto: ap

Weder Google noch taz-Archiv helfen bei der Beantwortung der Frage, ob eigentlich schon mal ein Kommentator einen neuen, glaubwürdigen Kopf für die Bandidos oder die Hell’s Angels gefordert hat, vielleicht gar einen, der nicht vorbestraft ist. Auch dass jemand von der Mafia mal eine Selbstreinigung verlangt hätte, lässt sich partout nicht finden. Wohl aber immer wieder liest man Kommentare, die sich solcherlei Sorgen um die Fifa machen.

Wenn der Sepp Blatter jetzt endlich zurückträte – oder er gar einführe –, wer könnte ihn ersetzen? Eine Welt ohne den Vorturner dieses Fifa-Vereins, dem mehr nationale Verbände angehören als der UNO Staaten, kann sich offensichtlich niemand vorstellen. Es gibt ja auch nichts neben der Fifa: Eine Fußball-WM (Männer, Frauen, U-irgendwas) gibt es nur mit ihr, Kontinentalmeisterschaften wie EM oder Afrika-Cup nur mit ihren Kontinentalverbänden, und folglich steht der jeweilige Fifa-Boss bei den Fetischisten des runden Leders so unangefochten da wie bei Katholiken der Papst: Ja, man könnte sich schon einen besseren vorstellen, aber eine Welt so ganz ohne einen Herrn Präsidenten und seinen Verband?

Nein, das ginge zu weit. (Immerhin gibt das Archiv Auskunft, dass die Suche nach dem guten Herrscher schon eine Weile alt ist: „Michel Platini ist der Richtige“, hatte Daniel Cohn-Bendit 2005 in der taz gefordert.)

Dabei ist nicht nur die Zeit von Sepp Blatter und den Seinen (also auch die von Uefa-Boss Michel Platini) rum, sondern sehr offensichtlich auch die des Systems Fifa. Die Fifa verdankt ihren – für sie so ungeheuer profitablen – Monopolstatus nämlich nicht dem Umstand, dass sie sich gegen andere Bewerber durchgesetzt hätte. Sie speist ihre Macht einzig aus dem Umstand, dass sie seit über 100 Jahren das Feld beherrscht.

Wettbewerb beziehungsweise, um nicht allzu viele Missverständnisse hervorzurufen: kapitalistische Konkurrenz gibt es im Weltfußball zwar sehr wohl, aber sie hat sich Bereiche jenseits der Fifa gesucht. Es sind Fußballkonzerne wie Manchester United, Real Madrid, Manchester City, Bayern München, der FC Barcelona oder der FC Chelsea, die das dominieren, das man den Fußballweltmarkt nennen sollte.

Wenn unter den Bedingungen von Globalisierung und Konkurrenz die Zeit der Fifa abgelaufen ist, dann bezieht sich das nicht nur auf ihr halbseidenes Funktionärspersonal. Es gilt auch dem ideologischen Gedöns, mit dem die Fifa sich zur „Fußballfamilie“ ausruft, zum Weltverbesserer, zum Wächter der gemeinsamen Sprache aller Völker, die helfe, künftige Kriege zu verhindern.

Die Nachfolge dieses sich wie eine besonders schmierige Sekte gerierenden Vereins wird eine kapitalistische sein – so ist die Welt leider eingerichtet. Schon jetzt gilt, dass der beste Fußball dieses Planeten nicht von den Nationalmannschaften gespielt wird, die gern so tun, als sei bei ihnen die Kickerelite eines Landes vereint, sondern bei den fußballerischen Weltkonzernen, die sich im globalen Arbeitskräftereservoir bedienen.

Das ist nicht schön, aber vermutlich muss erst die Fifa überwunden und ein – zumindest ehrlicheres – Regime der Clubs zugelassen werden, um später zu einer demokratischen Organisation des Weltfußballs zu gelangen. Das dürfte noch ein paar Jahre dauern, und der steinige Weg dorthin ist mit Stellungnahmen des Vorsitzenden der European Club Association, Karl-Heinz Rummenigge gepflastert. Auch das ist schlimm, aber anders dürfte es nicht zu haben sein.

Und wer’s nicht glaubt, möge doch bitte nicht etwa Wolfgang Niersbach oder Theo Zwanziger als Blatter-Nachfolger fordern, sondern dann schon einen wie Papst Franziskus.

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Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte

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