Protokoll aus einer Willkommensklasse: Der lange Weg zur Ausbildung

Khaleel kam Anfang des Jahres aus Syrien nach Berlin. Nach langem Warten besucht er nun ein Gymnasium und will danach studieren.

An einer Tafel steht "Herzlich Willkommen, Kinder"

Khaleel musste über ein halbes Jahr warten, um in eine Klasse eines Gymnasiums zu kommen Foto: dpa

Khaleel erreichte Deutschland nach einer sehr beschwerlichen Reise im Januar 2015. Er war damals allein und 17 Jahre alt. Zunächst kam er in einem Heim für unbegleitete Minderjährige im Berliner Stadtteil Steglitz unter. Nach drei Wochen wurde er in einer Willkommensklasse aufgenommen. Schon im Heim hatte er jeden Tag mit einem Lehrer eine Stunde Deutsch gelernt. In der Willkommensklasse hatten er und acht bis zwölf andere Jugendliche jeden Tag vier Stunden Deutschunterricht.

Seine Mitschüler wechselten häufig, weil das eine Klasse für Minderjährige aus einer Notunterkunft war. „Am Anfang fiel es mir schwer, nach so langer Zeit ohne Schule jeden Tag dorthin zu gehen.“ Nach einer Weile gewöhnte er sich an den neuen Rhythmus. Er fand seine Lehrerin sehr gut, weil „sie wollte, dass wir das Beste aus uns herausholen. Manchmal war das Unterrichtstempo sehr hoch, aber das finde ich gut.“

Im März musste er nach Moabit umziehen. Er versuchte eine neue Schule zu finden, um den Kurs fortzusetzen. Das war aber nicht so einfach; ihm wurde erlaubt, in seiner alten Schule weiter den Unterricht zu besuchen. Ob das etwas mit den vielen neu ankommenden Flüchtlingen zu tun habe, weiß er nicht. „Ich kenne andere Jungen, die noch keinen Unterricht besuchen, wie mein Freund Mohammed aus Syrien. Er ist 17 Jahre alt und ist hier seit mehr als einem Jahr geduldet, weil er zuerst in Ungarn registriert wurde.“

Khaleel hatte das Glück, dass er in Athen einen Deutschen kennengelernt hatte, der ihm in Deutschland viel half. „Als ich nach Berlin gezogen bin, hat er mir seine Bekannten vorgestellt und so habe ich jetzt einen großen deutschen Freundeskreis. Wir treffen uns jede Woche.“

Angst vorm Scheitern

Sein neues Zuhause in Moabit in einem Programm für betreutes Wohnen von Minderjährigen gefällt ihm gut. Bisher war es für ihn nicht leicht, denn es dauerte von März bis September, um in eine Klasse eines normalen Gymnasiums zu kommen. Seine dortige Willkommensklasse besucht rund ein Dutzend Flüchtlinge aus Syrien, Russland und Bulgarien. Sein Gymnasium befindet sich in der Nähe des Hermannplatzes. Er hat zwei Lehrerinnen und Unterricht in Deutsch und Mathematik. Er fing am vergangenen Montag an und hat einen ersten guten Eindruck von seinen Lehrerinnen.

Khaleel erzählt, er habe manchmal das Gefühl, dass von ihm erwartet werde, nur ein bisschen Deutsch zu lernen und dann zu arbeiten. „Aber ich will das Gymnasium absolvieren und dann studieren.“ Nach einem Jahr in der Willkommensklasse darf er mit etwas Glück an normalem Unterricht mit deutschen Kollegen teilnehmen. Er hat große Angst, dass das nicht gelingt. „Dann hätte ich viel Zeit verloren und meine Träume wären zunichte gemacht.“ Schlechte Karten hat er nicht, er ist mehrsprachig.

Ihn interessieren Politik, Journalismus und Sprachen. Inzwischen sind seine Eltern in Berlin, aber sie sind noch nicht registriert. Derzeit stehen sie vor der Registrierstelle, dem LaGeSo, Schlange. Auch sein Bruder und dessen Familie mit drei Kindern sind vor zwei Wochen gekommen und registriert worden. Die Kinder warten jetzt auf ihre Einschulung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.