Forderungen aus Union und SPD: Flüchtlingszuzug begrenzen

Verschiedene Ministerpräsidenten fordern strengere Regeln für die Einreise von Flüchtlingen. Kanzlerin Merkel erteilt abgeschwächtem Asylrecht eine Absage.

Flüchtlinge stehen in einer Reihe

Flüchtlinge am Bahnhof in Rostock. Foto: dpa

BERLIN dpa | Führende Politiker aus Union und SPD haben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einer restriktiveren Flüchtlingspolitik aufgerufen. „Ich fordere von der Bundeskanzlerin eine schlüssige Antwort und Taten, wie wir den verstärkten Zustrom von Flüchtlingen begrenzen“, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) der Welt am Sonntag. Alle Mitarbeiter in den Unterkünften und die ehrenamtlichen Helfer arbeiteten bis an ihre Belastungsgrenze. „Mir fehlen bisher schlüssige Antworten des Bundes, wie er diese Einreiseentwicklung in den Griff bekommen möchte.“

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte: „Der Bund hat die Hauptverantwortung, Länder und Kommunen können den Flüchtlingsstrom nicht bremsen.“ Der Bund müsse endlich handeln. Die Grenzkontrollen hätten nichts gebracht. Merkel müsse „auf europäischer Ebene dafür sorgen, dass der ständigen gerechten Geldverteilung nun auch eine gerechte Flüchtlingsverteilung folgt“, sagte der SPD-Politiker der Zeitung. Allein sei Deutschland bald überfordert.

Auch der Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns, Lorenz Caffier (CDU), rief Merkel zum Handeln auf. „Wir müssen jetzt schnell das Signal aussenden, dass wir im Notfall Flüchtlinge ohne offensichtliche Bleibeperspektive bereits an der Grenze zurückweisen“, sagte Caffier, der auch Sprecher der Unions-Innenminister ist, der Welt am Sonntag. „Schon heute sind mehrere Bundesländer am Limit. Meine ganz persönliche Meinung ist, dass wir in diesem Jahr insgesamt 1,2 bis 1,5 Millionen Flüchtlinge verzeichnen werden.“

Auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer drängt die Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik zum Handeln. Von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fordert er angesichts des anhaltend starken Andrangs von Flüchtlingen ein klares Signal an die Öffentlichkeit. Nötig sei ein Zeichen, „dass wir mit unseren Aufnahmemöglichkeiten erschöpft sind“, sagte der CSU-Vorsitzende am Samstagabend in einem Interview des Bayerischen Fernsehens. „Das wäre ein starkes Signal.“

Seehofer: „Mehr geht nicht mehr“

Seehofer betonte in dem Interview, dass die Grenzen der Kapazität erreicht seien: „Mehr geht nicht mehr.“ Wenn es nicht gelinge, die Zuwanderung zu begrenzen, dann drohe vor dem Winter ein „Kollaps mit Ansage“. Dies müsse gemeinsam mit der Bundesregierung verhindert werden.

Eine Einschränkung des Grundrechts auf Asyl lehnt Seehofer jedoch ab: „Mit uns kommt eine Änderung des Grundrechts auf Asyl, also die Änderung der Verfassung, nicht infrage.“ Um die Zuwanderung zu beschränken, sei eine solche Änderung nicht erforderlich. Damit ging Seehofer auf Distanz zu seinem Finanzminister Markus Söder (CSU), der in einem Zeitungsinterview eine „massive Begrenzung der Zuwanderung“ gefordert hatte.

Auch die SPD will Änderungen am Asyl-Grundrecht nicht zulassen. Für eine Reduzierung der Zahlen „brauchen wir keine Grundgesetzänderung“, sagte Fraktionschef Thomas Oppermann der dpa. Die Sozialdemokraten verlangen aber von Merkel ein Eingeständnis, dass Deutschlands Kräfte in der Flüchtlingskrise begrenzt sind.

„Die Kanzlerin trägt eine große Verantwortung und muss Führungskraft zeigen“, sagte Oppermann. „Dazu gehört es auch, deutlich zu sagen, dass mit einer Million Flüchtlinge in diesem Jahr unsere Möglichkeiten bei der Aufnahme nahezu erschöpft sind.“ Es gebe hier Grenzen. „Wir müssen die unmissverständliche Botschaft senden, dass Deutschland allein nicht alle Flüchtlinge aufnehmen kann.“

Keine Verfassungsänderung

Bislang hatte es die SPD-Spitze vermieden, Merkel angesichts der unverändert hohen Zahl an Migranten in die Pflicht zu nehmen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt Forderungen aus der CSU nach Abschwächungen des grundgesetzlich garantierten Asylgrundrechts ab. Dies werde nicht angetastet, sagte die CDU-Vorsitzende dem Deutschlandfunk zufolge im „Interview der Woche“. Die meisten Asylbewerber könnten sich ohnehin auf die Genfer Flüchtlingskonvention berufen – deshalb werde an der deutschen Verfassung nichts geändert. Das Merkel-Interview wird an diesem Sonntag in voller Länge im Deutschlandfunk ausgestrahlt.

Nötig sei aber eine Beschleunigung der Asylverfahren. Und diejenigen, die keinen Schutz Deutschlands brauchten, müssten das Land auch wieder verlassen. Wichtig sei dabei, jeden als Menschen behandeln – „auch, wenn er unser Land wieder verlassen muss“.

Darüber hinaus müssten die Außengrenzen besser geschützt und Fluchtursachen bekämpft werden, mahnte sie. Weiter notwendig sei zudem eine faire Lastenverteilung in der EU. Es könne nicht sein, dass drei oder vier Staaten einen Großteil der Migranten aufnehmen.

Zu jüngsten Forderungen aus der CSU nach Zäunen an Deutschlands Grenzen sagte die Bundeskanzlerin: „Ich glaube nicht, dass Zäune helfen. Das haben wir in Ungarn gesehen.“

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