Anschläge in Sachsen: Gewaltakte gegen Presse und Politik

Bei der Redaktion der „Freien Presse“ splittern die Scheiben. Auch das Bornaer AfD-Büro von Frauke Petry hat nun zerstörte Fenster.

Mit sechs Ziegelsteinen sind die Redaktion und die Geschäftsstelle der «freien presse» in Glauchau (Sachsen) am 15.11.2015 angegriffen worden.

Mit sechs Ziegelsteinen ist die Redaktion der Freien Presse in Glauchau (Sachsen) angegriffen worden Foto: dpa

DRESDEN taz | Auf die Lokalredaktion der Chemnitzer Freien Presse in Glauchau ist am Sonntagabend ein Anschlag verübt worden. Sechs Ziegelsteine zerstörten die Glasscheiben der Redaktion und der benachbarten Geschäftsstelle. Zwei Redakteure, die um etwa 18.40 Uhr noch in den Räumen arbeiteten, kamen nicht zu Schaden. Es entstand ein Sachschaden von etwa 5.000 Euro.

Die zuständige Polizeidirektion in Zwickau konnte am Montagmittag noch keine Ermittlungserfolge vorweisen. Ein Beamter des Polizeireviers in Glauchau äußerte allerdings die Vermutung, dass es sich um mehrere Täter gehandelt haben könnte. Die offenbar mitgebrachten Ziegelsteine waren trotz des Regens noch trocken und konnten schwerlich von einem Einzeltäter transportiert worden sein. Ein Anwohner hatte kurz nach dem Übergriff einen glatzköpfigen, mit einer Bomberjacke bekleideten Mann beobachtet, der vom Tatort floh.Ein vergleichbarer Anschlag auf Medien ist zumindest in Sachsen bislang nicht bekannt geworden. Im September 2014 waren Redaktionsräume der Lausitzer Rundschau in Brandenburg gleich zweimal von Neonazis attackiert worden.

Der Chefredakteur der Freien Presse, Torsten Kleditzsch, will vor Abschluss der Ermittlungen noch keine Tätergruppe verurteilen. Er beklagt aber, „dass alle Schranken von Anstand und Benehmen zu fallen scheinen“. Michael Hiller, Landesgeschäftsführer des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), erneuerte seine Forderung nach besserem Schutz für Medienvertreter, die immer häufiger verbal bedroht und tätlich angegriffen werden.

Gewalt auch gegen AfD-Politiker

Das mittelsächsische Dreieck zwischen Leipzig, Dresden und Chemnitz ist seit den 1990er Jahren ein Gebiet mit insbesondere in der Jugendszene verfestigten rechten Strukturen. Die von ihnen angestrebten „national befreiten Zonen“ waren hier fast schon greifbare Realität. Am bekanntesten wurde die 2007 verbotene militante Nazi-Kameradschaft „Sturm 34“ in Mittweida.

Wegen der schwierigen Bedingungen in der Region entschied sich die Jury des Sächsischen Demokratie-Förderpreises in der vorigen Woche für die Preisverleihung an die Bürgerinitiative „Gesicht zeigen“ in Penig und Lunzenau. Mitglieder dieses Netzwerks berichten von häufig anzutreffender Ignoranz der Kommunalpolitiker, in deren Augen sie als Nestbeschmutzer gelten.

Erst am vergangenen Donnerstag war ein Brandanschlag auf eine bereits bewohnte Flüchtlingsunterkunft in der Glauchauer Nachbarstadt Crimmitschau verübt worden. Gegen sechs Tatverdächtige erging Haftbefehl.

Torsten Kleditzsch, Chferedakteur

„Alle Schranken des Anstands scheinen zu fallen“

Opfer der aufgeheizten Stimmung werden andererseits auch AfD-Politiker. So wurden am Sonnabend im Bornaer Bürgerbüro der Bundesvorsitzende Frauke Petry ebenfalls die Scheiben eingeworfen. Die AfD spricht von linksextremen Tätern, verurteilt aber zugleich den Glauchauer Anschlag.

Doch den Boden für solche Gewaltakte bereiten auch Bewegungen, die der AfD gar nicht so fernstehen. Erst tags zuvor hatte Pegida-Organisator Siegfried Däbritz auf Facebook Hohn und Spott über Medienvertreter ausgegossen. Volontäre würden aus der Distanz etwas „zusammenstreichern und -schnitzlern“. An den Attacken von Pegida-Demonstranten seien Kamerateams selbst schuld, weil sie friedliche Spaziergänger „mit ihren großen Kameras an die Köpfe gestoßen haben“.

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