Umweltpolitik im Kleinstaat Bhutan: Das klimafreundlichste Land der Welt

Bhutan liegt im Himalaya. Seine Bevölkerung zählt zu den glücklichsten der Welt – und den umweltbewusstesten. Ein Klima-Vorbild.

Wenige kleine Häuser stehen zwischen Wiese und Bäumen

Hier stehen kaum Häuser, dafür gibt es viel Natur: Landschaft im Himalaya-Staat Bhutan Foto: dpa

THIMPHU dpa | Eisige Bergkämme und tiefe Schluchten durchziehen das kleine Königreich Bhutan im Himalaya. An den Hängen liegen stufenförmige Terrassen, auf denen ein Großteil der Menschen mit bloßen Händen Reis anbaut, dazu Senf, Bohnen, Kartoffeln, Kohl, Tomaten – überwiegend in ökologischer Landwirtschaft. Mehr als 70 Prozent des Landes sind von Wald bedeckt; Industrie gibt es kaum. Fast der gesamte Strom kommt aus Wasserkraft. Bhutan ist das einzige klimaneutrale Land der Welt.

Das soll auch auf unbestimmte Zeit so bleiben, heißt es im nationalen Vorschlag (INDC), den Bhutans Regierung zum derzeit laufenden Klimagipfel in Paris vorgelegt hat. „Es gibt keine größere oder wichtigere Sache als diejenige, den Planeten für zukünftiges Leben zu sichern“, schreibt Landwirtschafts- und Forstminister Yeshey Dorji darin. Er ist Buddhist, wie fast alle Bhutaner.

Die rund 745 000 Bewohner des Zwergstaates gelten als eines der glücklichsten Völker der Welt. Ihr König hatte bereits vor Jahrzehnten erklärt: Bei uns geht es nicht nur um Wirtschaftswachstum. Wichtiger ist das Wohlbefinden, das mit dem einzigartigen Bruttoglücksprodukt erfasst wird.

Für die Berechnung würden auch Gefahren durch Naturkatastrophen wie Erdrutsche sowie Luft- und Wasserverschmutzung berücksichtigt, erklärt Tshoki Zangmo vom Zentrum für Bhutan-Studien und Erforschung des Bruttoglücksprodukts in der Hauptstadt Thimphu. In der jüngsten Befragung seien mehr Umweltfaktoren berücksichtigt worden. Das Ergebnis: Bhutaner werden zunehmend glücklicher. Und fast 80 Prozent fühlen sich für den Umweltschutz „sehr verantwortlich“.

Der Erde droht der Hitzekollaps. Deshalb wollen die Staatschefs der Welt Anfang Dezember in Paris einen globalen Klimaschutz-Vertrag vereinbaren. Die taz berichtete vom 28. November bis zum 14. Dezember 2015 täglich auf vier Seiten in der Zeitung und hier auf taz.de.

Bis in die 60er Jahre war Bhutan völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Erst dann wurde die erste Straße nach Indien gebaut, nach China gibt es bis heute keine. 1999 kamen Fernsehen und Internet. Anfang November weihte Ministerpräsident Tshering Tobgay, der gerne mit dem Fahrrad unterwegs ist, den ersten Straßentunnel ein. Ein gerne erzählter Witz in Bhutan geht so: Die längste gerade Straße ist die Landebahn des einzigen Flughafens in Paro.

Emissionen aus der Landwirtschaft

Der Zwergenstaat ist nicht nur CO2-neutral, sondern wegen seines Waldes, der viel Kohlendioxid aufnimmt, sogar CO2-negativ. Im Jahr 2013 emittierte das Land nach eigenen Angaben Treibhausgase mit einer Klimawirkung von 2,2 Millionen Tonnen CO2. Der Wald schluckte schätzungsweise 6,3 Millionen Tonnen. Dieser Wert dürfte zukünftig höchstens geringfügig zurückgehen, denn in der Verfassung ist festgeschrieben, dass mindestens 60 Prozent der Landesfläche bewaldet sein müssen.

Ein Großteil der Emissionen kommt von den Nutztieren in der Landwirtschaft, von der 69 Prozent der Bevölkerung abhängig sind, wie Peldon Tshering von der nationalen Umweltkommission Bhutans erklärt. Damit der Klimagasausstoß in Zukunft nicht so stark ansteige, wolle das Land in Zukunft komplett auf Elektroautos umsteigen.

Der Strom wird fast ausschließlich aus Laufwasserkraft gewonnen, also Kraftwerken ohne gewaltige Staudämme, wie Shirish Garud erklärt. Er und sein Team vom Energy and Resources Institute (TERI) im indischen Neu Delhi erstellten im Auftrag Bhutans einen Energie-Masterplan. Die größte Quelle primärer Energie ist derzeit allerdings Feuerholz, das aus den Wäldern gesammelt wird.

Der große Nachbar Indien – der mittlerweile drittgrößte Emittent von Klimagasen weltweit – könne nur bedingt von Bhutan lernen, meint Garud. Bhutan sei dünn besiedelt und eines der am wenigsten entwickelten Länder der Welt, wohingegen das Milliardenland Indien zu den aufstrebenden Schwellenländern gehöre. Aber Indien nutzt das kleine Königreich in seinem Sinne: Neu Delhi bezahlt zahlreiche Hydro-Projekte und bekommt dafür einen Großteil des sauberen Stroms.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.