Mehr Bremern Strom und Wasser abgestellt: Die auf dem Trockenen sitzen

Zahl der Haushalte, denen die Swb Wasser, Strom oder Gas abgedreht hat, ist unvermindert hoch – Tendenz: steigend. Grüne fordern „Härtefallfonds“.

Stromkasten mit gelbem Benachrichtigungszettel

Harter Winter: gesperrter Stromkasten Foto: dpa

BREMEN taz | In Bremen ist die Zahl der Energiesperren weiterhin hoch. 5.772 mal wurden in 2015 bis Ende September Wasser, Strom oder Gas abgestellt, wenn eine Rechnung nicht gezahlt wurde. Bis Jahresende könnte die Zahl die des Vorjahres übersteigen. Das geht aus einem Verwaltungsbericht hervor, der am Dienstag in der Sozialdeputation Thema war.

Die Fraktion der Grünen bekräftigt nun die Forderung nach einem „Härtefonds“ bei Energiesperren. Nach Hannoverschem Vorbild sollten 150.000 Euro vom Energieversorger SwB vorgehalten werden, um soziale Härtefälle zu vermeiden.

„Es kann nicht sein, dass Familien mit kleinen Kindern oder auch alten Menschen einfach Wasser oder Strom abgestellt wird“, erklärte die sozialpolitische Sprecherin der Grünen, Susanne Wendland. „Die SWB hat auch eine soziale Verantwortung. Die muss sie jetzt endlich wahrnehmen.“

Bei der SWB hingegen verweist man unter anderem auf den Runden Tisch „Energiesperren verhindern“. Seit Herbst 2014 widmen sich dabei VertreterInnen unter anderem der Swb, der Sozialämter, Jobcenter, Schuldnerberatungen, Verbraucherzentrale, sowie des Umwelt- und Sozialressorts dem Thema.

Wer mehrfach Mahnungen über Energierechnung ignoriert, dem stellt die Swb das Wasser, das Gas und am häufigsten den Strom ab.

In 2015 kam das bis zum 30. September 5.772 mal vor, 1.457 dieser Sperren waren in Bremerhaven – bis Ende des Jahres womöglich mehr als im Vorjahr.

4.481 betrafen die Sperren Strom, 566 Gas, 725 mal Wasser.

Im gesamten Jahr 2014 schrieb die Swb 341.000 Mahnungen. Bei 7.196 kam es zu Sperren, 1.679 davon in Bremen.

Im November 2015 initiierte der Kreis die Kampagne „Zappenduster“ (pdf), bei der Flyer und Plakate in fünf Sprachen informieren, wo es Hilfe gibt, wenn man die Rechnung nicht bezahlen kann.

Für die Grünen allerdings zeigt diese Kooperation der Swb mit den Behörden „nur geringe Wirkung“: „Die Anzahl der Energiesperren ist trotz der Aktion ‚Zappenduster‘ nach wie vor zu hoch“, so Wendland.

Swb-Sprecherin Angela Dittmer nennt diese Aussage „ein bisschen vermessen“. Die Kampagne beginne gerade erst. „Mit den Informationen wollen nachhaltig wirken“, so Dittmer. Wer wenig Geld hat, solle auf die Ämter gehen, um dort Geld zu beantragen.

„Auch die Sozialbehörde versichert, dass niemand im Dunkeln sitzen muss.“ Die Menschen müssten sich diese Hilfe nur auch holen. Mahnungen würden mittlerweile extra früh, schon nach zwei Wochen verschickt.

Dittmer verweist auch auf die Kriterien des Härtefallfonds in Hannover: Hilfe bekomme man dort nur, wenn man zuvor bei allen anderen Hilfe-Instanzen vorstellig geworden und gescheitert sei. Und: „Das geht auch nur ein einziges Mal“, so Dittmer.

Falls die Kampagnen in Bremen nicht griffen, könne man auch hier irgendwann über einen solchen Fonds nachdenken, so Dittmer. Aber die Stadtwerke in Hannover, die den Fonds bereitstellen, seien anders als die Swb auch zu 75 Prozent in städtischer Hand.

Zurückhaltender als ihr Koalitionspartner ist die Fraktion der SPD: „Wir würden dem runden Tisch ungern vorgreifen“, sagt SPD-Fraktionssprecher Matthias Koch. Man wolle abwarten, wie die Maßnahmen wirkten.

Die Linkspartei hingegen begrüßt die Idee eines Härtefonds: „Im Zweifel muss der Senat auf die Swb einwirken oder selbst tätig werden“, so Linken-Fraktionssprecherin Doris Achelwilm. Grundsätzlich allerdings fordere die Partei auf Bundesebene, Strom- und Wassersperren ganz zu verbieten.

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