Arzt in Kairo verhaftet und gefoltert: Dem Willkürregime ausgeliefert

Der ägyptische Arzt Ahmed Said lebt seit Jahren in Deutschland. Weil er in Kairo an einer Mahnwache teilnahm, sitzt er dort jetzt in Haft.

Ahmed Said schaut in die Kamera.

Ein Bild aus glücklicheren Tagen: Ahmed Said in Deutschland. Foto: privat

FRANKFURT AM MAIN taz | Als der ägyptische General und Diktator Abdel Fattah al-Sisi im Juni zum Staatsbesuch nach Berlin kam, wurde er von der deutschen Regierung mit allen Ehren bedacht. Wer es mit der ägyptischen Justiz zu tun bekommt, wird weniger sanft angefasst. Das musste der Gefäßchirurg Ahmed Said, der in Deutschland studiert und im Frankfurter Uniklinikum gearbeitet hat, jetzt leidvoll erfahren. Als er im November in sein Heimatland reiste, wurde er dort verhaftet, vermutlich gefoltert und sitzt seitdem in Haft.

Sein Vergehen: Weil er am 19. November mit rund 20 anderen Personen auf der Brücke des 6. Oktober in Kairo an die Ereignisse in der Straße Mohamed Mahmoud in der Nähe des Tahrir Platzes gedachte – als die Polizei vor vier Jahren 51 Demonstranten tötete – nahm ihn die Polizei fest.

Der 33-jährige Said Ahmed hatte sich selbst 2011 während des Arabischen Frühlings an Demonstrationen beteiligt und verletzte Demonstranten versorgt. Für die Polizei und die Staatsanwaltschaft stellte das stille Gedenken an jene Tage eine „Demonstration“ und eine „Verkehrsstörung“ dar.

Said wurde zunächst in eine Polizeistation gebracht und vom Staatssicherheitsdienst abgeholt und verhört – ohne einen Anwalt, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist. Wie ihm erging es vier weiteren Oppositionellen. Nach vier Tagen sollten die Inhaftierten gegen eine Kaution von umgerechnet 350 Euro entlassen werden, wogegen aber die Staatsanwaltschaft Einspruch erhob.

20 Männer auf 20 Quadratmetern

Die Untersuchungshaft wurde verlängert und die Angeklagten mehrfach verhört. Ein Anwalt berichtete der Familie, Ahmed Said sei während der Verhöre mit Elektroschocks und anderen Foltermethoden misshandelt worden.

Sein Freundeskreis in Frankfurt setzt sich für seine Freilassung ein und hat einen Anwalt beauftragt

Hinzu kommt, dass es in ägyptischen Gefängnissen Brauch ist, 15 bis 20 Männer in kaum 20 Quadratmeter großen Zellen einzupferchen. In solchen Zellen gibt es kein fließendes Wasser und nur eine einzige Toilette. Versorgt werden die Gefangenen mit Nahrungsmitteln und Getränken, die Angehörige ins Gefängnis bringen. Seit dem 8. Dezember protestiert Ahmed Said gegen diese Behandlung, indem er in einen partiellen Hungerstreik getreten ist.

Auf seine Verhaftung folgte am 13. Dezember 2015 die juristischeFarce der Verurteilung. In einem Schnellverfahren ohne Beweiserhebung, Zeugenbefragung und Verteidigung wurde Ahmed Said wegen der Teilnahme an einer Versammlung mit mehr als fünf Personen wegen „Störung des öffentlichen Friedens“ verurteilt. Die fünf Mitangeklagten – Mostafa Ibrahim Mohamed Ahmed, Karim Khaled Fathy, Mohamed Abdel-Hamid und Gamila Seryel-Dain – wurden zu je zwei Jahren Haft verurteilt.

Humanitäres Visum gefordert

Weil Ahmed Said zwar mit einer deutschen Staatsbürgerin befreundet, aber noch nicht verheiratet ist, fühlen sich deutsche Behörden und die deutsche diplomatische Vertretung in Kairo nicht zuständig, beim „Wirtschafts- und Sicherheitspartner“ Ägypten gegen die polizeiliche und juristische Willkür zu intervenieren.

Seine Freunde in Frankfurt, die sich zum “Freundeskreis Ahmed Said“ zusammen geschlossen haben, beauftragten an Weihnachten einen Anwalt, um für Said ein humanitäres Visum als Dissident zu beantragen. Weil Said am Frankfurter Klinikum beschäftigt war, ist damit der Hessische Landtag am Zug. Auch Amnesty International und medico international kümmern sich um den Fall. Am 30. Dezember wird in Kairo über das Revisionsverfahren verhandelt.Der Ausgang ist ungewiss.

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