Sternmarsch gegen Braunkohle-Pläne: Drei Dörfer kämpfen um ihre Zukunft

Egal, ob die Vattenfall-Tagebaue in der Lausitz ausgebaut werden – braunkohlefrei soll es dort nicht werden. Denn auch die Polen haben Pläne im Grenzgebiet.

Tagebau Jänschwalde

Lebenswertes Brandenburg? Abraumhalden des Tagebaus Jänschwalde. Foto: dpa

KERKWITZ dpa/taz | Seit Jahren kämpfen drei Dörfer in Südbrandenburg gegen ihre drohende Abbaggerung. Auf der einen Seite von Atterwasch, Grabko und Kerkwitz im Spree-Neiße-Kreis liegt der Braunkohle-Tagebau Jänschwalde, der in einigen Jahren erweitert werden soll.

Diese Pläne sind zwar derzeit in der Schwebe, weil der Besitzer, der schwedische Energiekonzern Vattenfall, seine Gruben und Kohle-Kraftwerke in Brandenburg und Sachsen verkaufen will. Aber auf der anderen Seite ist nun Polen bereits dabei, im Grenzgebiet zu Brandenburg ebenfalls ein riesiges Braunkohlerevier zu erschließen. Damit wären die Dörfer praktisch von Tagebau umgeben.

Dagegen protestieren die Dorfbewohner gemeinsam mit Braunkohlegegnern seit Jahren - unter anderem mit jährlichen Sternmärschen aus den drei Dörfern, die dann auf einer Wiese nahe Kerkwitz zusammenlaufen.

Erstmals zeigt auch Berlin Interesse

Mit dabei sind regelmäßig Kreistagsabgeordnete aller demokratischen Parteien. Bei der diesjährigen Protestveranstaltung, die am Sonntag stattfindet, will mit der Berliner Staatssekretärin für Justiz und Verbraucherschutz, Sabine Toepfer-Kataw (CDU), erstmals ein Mitglied der Berliner Landesregierung teilnehmen. Brandenburg und Berlin betreiben seit zehn Jahren eine gemeinsame Landesplanung, zu der auch die Braunkohleplanung gehört. Im nächsten Jahr soll der Gemeinsame Landesentwicklungsplan überarbeitet werden.

„Sollte wirklich alles so kommen wie geplant, wäre das eine Katastrophe“, sagt Roland Lehmann, der parteilose Ortsvorsteher von Kerkwitz. „Die Jungen werden dann von hier abhauen.“ In dem Dorf leben rund 500 Menschen.

Bis Mitte Januar können Grenzbewohner und brandenburgische Behörden Einwände gegen ausgelegte Planungs-Unterlagen bei ihren polnischen Nachbarn erheben. Kürzlich hatte ein Vertreter der Woiwodschaft Lebus die Tagebaupläne in Cottbus vorgestellt.

Eine Milliarde Tonnen Braunkohle in 50 Jahren

Bei der polnischen Grenzstadt Gubin könnte demnach eine riesige Grube - Gubin 2 - entstehen. Eine Milliarde Tonnen Braunkohle könnten ab 2025 abgebaggert werden. Die Abbauzeit würde mehr als 50 Jahre betragen. Die Entwürfe sehen auch Stromerzeugung vor. Ein Braunkohlekraftwerk könnte ab 2030 starten. Entlang der deutsch-polnischen Grenze ist auch ein neues Hochspannungsnetz angedacht. Der entsprechende Raumordnungsplan wird derzeit in Polen überarbeitet.

Für die ostdeutsche Braunkohle, von der sich Vattenfall trennen will, interessieren sich mehrere Konzerne, darunter einige aus Tschechien. Der teilstaatliche Energieversorger CEZ zum Beispiel hatte kurz vor Weihnachten ein unverbindliches Angebot gemacht. Bis Ende Januar sollen nach dpa-Informationen alle eingetroffenen Offerten bei Vattenfall geprüft werden. Bis Mitte 2016 soll dann ein neuer Käufer feststehen. In der Branche arbeiten rund 8.000 Mitarbeiter.

Die Organisatoren des Sternmarschs rechnen mit rund 800 Teilnehmern - etwa genauso viele wie 2014. Die Braunkohlegegner laufen sternförmig aus den drei Dörfern aufeinander zu und treffen sich auf einer Wiese. „Wir erwarten auch von den brandenburgischen Landesbehörden, dass sie gegenüber den polnischen Stellen die Interessen der grenznah betroffenen Bürger konsequent vertreten, statt Tagebau-Fantasien dies- und jenseits der Neiße durchzuwinken“, sagt Mitorganisator Christian Huschga.

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