Superreiche in der internationalen Politik: Unternehmung Gemeinwohl

Das IWF in Davos ist im Gange. Mit dabei: Superreiche und ihre Stiftungen. Eine Studie der NGO Misereor übt Kritik an deren Investitionen.

Drei Personen sitzen auf einer Bank und haben eine Virtual-Reality-Brille auf.

TeilnehmerInnen in Davos: Durch welche Brille jemand auf die Welt guckt, bestimmt auch das Handeln. Foto: dpa

BERLIN taz | Sie sind Stammgäste in Davos: Superreiche wie Bill Gates oder Marc Zuckerberg besuchen regelmäßig das am Mittwoch eröffnete Weltwirtschaftsforum im Schweizer Kanton Graubünden. Der US-Schauspieler Leonardo DiCaprio bejubelte die beiden Multimilliardäre und Firmengründer von Microsoft und Facebook prompt vor Ort, weil sie mit ihren großen Stiftungen an einer „Zukunft ohne Emissionen“ bastelten.

Ganz anders sieht Klaus Schilder Davos. Der Misereor-Experte für Entwicklungsfinanzierung sagt: „Niemand braucht das Weltwirtschaftsforum.“ 99 Prozent der Weltbevölkerung, die direkt oder indirekt von den Entscheidungen der in Davos vertretenen Lenker betroffen seien, sei dort nicht vertreten. „Es fehlt die demokratische Legitimität.“ Auch dass Bill Gates mit seiner Stiftung allein 2012 2,6 Miliarden US-Dollar für Entwicklungsprojekte ausgab, ändert wenig an Schilders Haltung.

Mangelnde Legitimität und fehlende Transparenz sind seine Hauptkritikpunkte am Gebaren der Stiftungen der Superreichen. Zu dem Schluss kommt auch eine von den NGOs Misereor, Brot für die Welt und Global Policy Forum gemeinsam herausgegebene Studie über „Philantropic Power and Development“ (PDF), die bald auf Deutsch erscheint.

Kritisch gesehen wird vor allem die Kurzfristigkeit der Aktivitäten der „Menschenfreunde“ sowie ihre Ausrichtung auf messbare Erfolge. Die von den Stiftungen erstrebte Marktlogik sehen die Autoren Jens Martens und Carolin Seitz ebenso kritisch wie ihren mitunter „enormen Einfluss“ auf politische Entscheidungsprozesse.

Zweiseitiges Engagement

So war es die konservative Rockefeller Foundation aus den USA, die in den 60er Jahren die Entwicklung der Agrarwirtschaft in Ländern des globalen Südens vorangetrieben habe – mit weitreichenden Folgen, sagt Klaus Schilder. Überdüngung und Gesundheitsgefährdung der ländlichen Bevölkerung durch die Einbringung von Pestiziden sieht er als Folgen des Engagements.

Vorwiegend investieren internationale Stiftungen im Gesundheitsbereich und in der Landwirtschaft. Laut Schilder, nicht nur, weil sie sich dort leicht auf die Infrastruktur von bereits bestehenden marktbeherrschenden Unternehmen zugreifen könnten. Sondern auch, weil sich dort das „meiste Geld verdienen“ lasse. In diesen Bereich seien philanthropisches und wirtschaftliches Handeln häufig sehr eng miteinander „verschränkt“.

Klaus Schilder, Misereor

„Niemand braucht das Weltwirtschaftsforum“

Diesen Zusammenhang problematisieren auch die Studienautoren Martens und Seitz. „Da private Stiftungen den größten Teil ihres Vermögens in die Finanzmärkte investieren“, so die Untersuchung, sei deren Situation und Fördervolumen auch stark von der allgemeinen wirtschaftlichen Lage abhängig. Gerade in „Krisenzeiten“, in denen der Mittelbedarf am größten sei, tendierten die Stiftungen dann dazu, ihre Mittelvergabe zu reduzieren.

Klaus Schilder kritisiert deshalb auch die weltweite Zunahme an „Hilfs“maßnahmen. „Natürlich bewirken Stiftungen auch sehr viel Gutes“, sagt er. Dennoch solle besser der Staat die Prioritäten des Allgemeinwohls festlegen.

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