Syrien-Friedensgespräche in Genf: Die Opposition ist auf dem Weg

Nach tagelangem Ringen wird nun doch eine Delegation der Opposition an den Verhandlungen teilnehmen. Aus ihren Reihen kommt Kritik an UN-Vermittler de Mistura.

Da fehlt noch jemand: Staffan de Mistura (rechter Bildrand) am Freitag in Genf. Foto: reuters

GENF afp/dpa | Eine Delegation des größten syrischen Oppositionsbündnisses wird am Samstagabend in Genf eintreffen, um nun doch an den Friedensgesprächen teilzunehmen. Wie ein Sprecher des oppositionellen Hohen Verhandlungskomitees (HNC) am Samstag mitteilte, wird die Delegation wahrscheinlich am Sonntag mit Vertretern der Vereinten Nationen zusammentreffen. HNC-Kreisen zufolge setzt sich die Delegation aus 17 Unterhändlern und 25 weiteren HNC-Vertretern zusammen. Allerdings werde sie erst dann in Verhandlungen eintreten, wenn ihre humanitären Forderungen erfüllt seien, sagte Oppositionssprecher Ahmed Ramadan.

Das Hohe Verhandlungskomitee der Opposition in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad verlangt einen Stopp der Angriffe auf Zivilisten, ein Ende der Blockaden syrischer Städte sowie weitere Hilfslieferungen.

Der Chef des wichtigsten syrischen Oppositionsbündnisses, Chaled Chudscha, hat UN-Vermittler, Staffan de Mistura, Parteilichkeit vorgeworfen. De Mistura habe sich die „iranische Agenda“ zu eigen gemacht, sagte der Vorsitzende der Nationalen Syrischen Koalition der arabischen Tageszeitung Al-Sharq Al-Awsat. Iran ist neben Russland der wichtigste Verbündete des syrischen Regimes und setzt Kämpfer im Bürgerkriegsland ein.

Die Verhandlungen unter UN-Vermittlung, die den Bürgerkrieg mit inzwischen mehr als 250.000 Toten nach fünf Jahren beenden sollen, hatten am Freitag begonnen – vier Tage später als ursprünglich geplant. UN-Sondervermittler De Mistura traf am Nachmittag im Genfer Gebäude der Vereinten Nationen zu einem ersten Gespräch mit Unterhändlern des syrischen Regimes zusammen. Vertreter der wichtigsten Oppositionsgruppen fehlten dabei allerdings zunächst.

Nach tagelangem Streit darüber, wer die Opposition bei den Gesprächen in Genf vertritt, beschloss das Komitee der Regimegegner am Freitag nun doch, an dem „politischen Prozess“ teilzunehmen. Damit solle die Ernsthaftigkeit „der anderen Seite“ in Gesprächen mit Vertretern der Vereinten Nationen auf den Prüfstand gestellt werden, hieß es. In dem Gremium sind die wichtigsten Oppositionsgruppen vereint, darunter auch Vertreter starker bewaffneter Rebellengruppen.

Steinmeier erleichtert, Kerry mit Erwartungen

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich erleichtert über den Beginn der Verhandlungen über ein Ende des Syrien-Krieges gezeigt. „Dass die Genfer Verhandlungen zur Lösung des blutigen Bürgerkriegs in Syrien jetzt tatsächlich noch im Januar begonnen haben, ist ein ermutigendes Signal“, sagte der SPD-Politiker der Welt am Sonntag.

US-Außenminister John Kerry begrüßte die Entscheidung der syrischen Opposition. Er erwarte, dass beide Seiten guten Willens an diesen Verhandlungen teilnähmen und in den nächsten Tagen baldige, messbare Fortschritte erzielten, hieß es in einer in Washington veröffentlichten Erklärung seines Ministeriums.

Auch Saudi-Arabien reagierte positiv auf die Oppositionsankündigung, nach Genf zu reisen, wie die staatliche Nachrichtenagentur SPA unter Berufung auf das Außenministerium in Riad berichtete. Das Königreich unterstütze die Opposition und eine politische Lösung.

Seit Ausbruch des Bürgerkriegs 2011 sind 4,6 Millionen Syrer nach UN-Angaben vor der Gewalt ins Ausland geflohen, weitere 6,6 Millionen Menschen im Land selbst vertrieben worden. 13,5 Millionen Syrer brauchen humanitäre Hilfe. Der in Wien ausgehandelte Fahrplan der internationalen Gemeinschaft sieht vor, dass eine Übergangsregierung gebildet und eine Verfassung ausgearbeitet wird. Innerhalb von 18 Monaten soll es freie Wahlen unter Aufsicht der Vereinten Nationen geben.

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