Kommentar Keine Loveparade-Anklage: Versprochenes bleibt uneingelöst

Die Justiz ist unfähig, auch nur einen mutmaßlichen Verantwortlichen der Loveparade-Katastrophe vor Gericht zu bringen. Das ist ein Skandal.

Kreuze und Grablichter auf der Treppe

Den Hinterbliebenen der Loveparade-Opfer bleiben nur noch Trauer und Wut Foto: dpa

Skandalös. Empörend. Ungeheuerlich. Dass das Landgericht Duisburg den Prozess um die Loveparade-Katastrophe abgelehnt hat, dazu fielen einem noch viele Worte ein – und einige davon wären sicherlich justiziabel. Auf die fürchterliche Tragödie folgt die bittere Farce. Fast sechs Jahre nach der Katastrophe in Duisburg ist von der juristischen Aufarbeitung nur noch ein Trümmerhaufen geblieben.

Eine fatale Mischung aus Größenwahn, Inkompetenz und Verantwortungslosigkeit hat zu der Loveparade-Katastrophe am 24. Juli 2010 geführt. 21 Menschen verloren ihr Leben, mindestens 652 erlitten Verletzungen und Tausende FestivalbesucherInnen wurden traumatisiert.

„Ihnen allen und nicht zuletzt uns selbst sind wir es schuldig, das Geschehene und Unfassbare lückenlos aufzuklären“, hatte NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft damals bei der Trauerfeier mit tränenerstickter Stimme gesagt. Man müsse und werde eine Antwort auf die Fragen finden, wer Schuld trage und wer verantwortlich sei, versprach sie.

Das Versprechen ist – zumindest auf juristischer Ebene – uneingelöst geblieben. Immerhin haben die Duisburger Bürgerinnen und Bürger ihren damaligen Oberbürgermeister Adolf Sauerland vor vier Jahren per Abwahl dazu gezwungen, jene politische Verantwortung zu übernehmen, die er partout nicht übernehmen wollte. Die strafrechtliche Aufarbeitung ist hingegen dank des Versagens der Staatsanwaltschaft komplett gescheitert.

Die Entscheidung des Duisburger Landgerichts widerspricht zwar dem Gerechtigkeitsgefühl nicht nur der Hinterbliebenen. Trotzdem war sie leider folgerichtig. War es Fahrlässigkeit, Ignoranz oder Inkompetenz, die Anklage auf einem höchst fragwürdigen Gutachten aufzubauen?

Den Hinterbliebenen der Opfer bleibt nur ihre Trauer – und ihre Wut auf eine Justiz, die sich unfähig gezeigt hat, auch nur einen einzigen mutmaßlich Verantwortlichen für die schrecklichen Geschehnisse vor Gericht zu bringen. Das ist zu wenig.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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