Schallschutz: Wenn Musik von Lärm umringt wird

Weil sich AnwohnerInnen über die Lautstärke beschwert haben, musste die Astra-Stube vorübergehend schließen.

Die kleine Astra-Stube sieht ganz friedlich aus: Aber den AnwohnerInnen ist sie zu laut Foto: Hannes von der Fecht

Fährt ein Güterzug über die Sternbrücke, wackelt in der darunter liegenden Astra-Stube alles. Gespräche frieren für einen Moment ein, weil man vor Lärm das eigene Wort kaum versteht. ICE sind nicht ganz so schlimm, die gehen beinahe im allgemeinen Lautstärkepegel unter. Die S-Bahn fährt im Minutentakt über die alte Eisenbahnbrücke, während unten Lastwagen über die Stresemannstraße donnern, Busse an der Kreuzung zur Max-Brauer-Allee halten und ächzend und quietschend wieder anfahren, dazwischen brausen Autos und Motorräder vorbei – Großstadtverkehr eben an einer der meistbefahrenen Kreuzungen Hamburgs.

Ausgerechnet die Astra-Stube, der kleine Musikclub unter der Brücke, kriegt jetzt Probleme mit der Schallbegrenzung. AnwohnerInnen haben sich mehrmals über die Lautstärke beschwert, die von den Live-Konzerten in ihre Wohnungen schallt. Am Montagabend stand während eines Stoner-Rock-Konzerts die Polizei auf der Matte, alarmiert von einer Nachbarin aus der Wohlersallee – gut 40 Meter von der Astra-Stube entfernt auf der anderen Straßenseite. Obwohl es noch vor 23 Uhr war, und der Club laut Konzession bis 24 Uhr Live-Musik machen darf, brachen die VeranstalterInnen das Konzert ab. Tags darauf sagten sie via Facebook alles bis zum Wochenende ab. Als Grund gaben sie an, Schallisolierungsarbeiten vornehmen zu wollen.

Erheblicher Kostenfaktor

Für den Verein Astrastube e.V., der den Club unkommerziell betreibt, bedeutet das einen erheblichen Kostenfaktor – zumal sie den Laden nach ihrer Übernahme im Dezember gerade renoviert haben. „Aber da ging es eher um Verschönerung“, sagt Lion Isele vom Verein. Jetzt müssen sie die Tür verstärken, Resonanzkörper mit Dämmwolle füllen, ein Fenster mit Holz verrammeln und schallschluckende Stoffe anbringen.

Ob diese Maßnahmen überhaupt einen Unterschied machen, bei all dem Lärm an der Kreuzung? „Keine Ahnung“, sagt der 26-jährige Isele schulterzuckend. „Aber wir müssen die Beschwerden ernst nehmen – wir wollen keinen Streit mit niemandem.“ Um Geld zu sparen, macht das zehnköpfige BetreiberInnenkollektiv fast den ganzen Umbau selbst. Und das nach ihrer eigentlichen Arbeitszeit, denn zum Geldverdienen arbeiten sie woanders. Dass es schwierig ist, den Laden überhaupt kostendeckend zu betreiben, wussten die Party-IdealistInnen von Anfang an. Profit kann man mit der Astra-Stube nicht machen, sie ist eher so ein Liebhaber-Ding.

Da schmerze es schon, wenn sich Leute beschwerten und die Polizei schickten, obwohl man sich immer brav an alle Auflagen gehalten habe, sagt Isele. Ein wenig lächerlich sei es auch, sich inmitten des Verkehrslärms über den Musikclub zu beschweren. Aber was bleibe ihnen anderes übrig, als die Beschwerde ernst zu nehmen? Auch wenn es nicht konkret angedroht worden sei: Die Schließung des Clubs, also die Kündigung der Räume durch die Deutsche Bahn, sei ein Szenario, dass es unter allen Umständen zu verhindern gelte.

Dabei sind die Tage der Astra-Stube ohnehin gezählt. Spätestens 2020, vielleicht schon 2017, will die Deutsche Bahn die alte Eisenbahnbrücke sanieren und die darunterliegenden Räume zubetonieren – das ist dann das Ende für alle Clubs, die die Räumlichkeiten mieten und bespielen. Bis dahin wollen die BetreiberInnen die Astra-Stube in einem möglichst entspannten Verhältnis mit ihrer Nachbarschaft betreiben. Wenn alle Schallschutzmaßnahmen umgesetzt sind, will der Verein deshalb die AnwohnerInnen zum Austausch einladen. Isele sagt: „Wir werden eine peacige Lösung für alle finden.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.