Kommentar SPD und die K-Frage: Über echte Alternativen nachdenken

Gabriel ist nicht das Problem, sondern nur ein Ausdruck der SPD-Misere. Die Basis sollte die Chance einer Richtungsentscheidung bekommen.

ein Mann vor dem Schriftzug „Wertekonferenz, Gerechtigkeit“ und SPD-Logo

Sigmar Gabriel auf der SPD-Gerechtigkeitskonferenz am 9. Mai im Berliner Willy-Brandt-Haus Foto: dpa

Wer sich das mediale Trommelfeuer anschaut, das Sigmar Gabriel seit Wochen und Monaten über sich ergehen lassen muss, der könnte fast Mitleid mit ihm bekommen. Bis hin zu lancierten Rücktrittsgerüchten wird nichts ausgelassen, um den SPD-Parteichef mürbe zu machen.

Dazu gehören auch die permanenten wie nichtsnutzigen Diskussionen, wer sich besser als Kanzlerkandidat eignen würde – von Frank-Walter Steinmeier bis Martin Schulz. Gerade erst hat Olaf Scholz dankend abgewunken. Dabei wäre keiner der Genannten in der Lage, die SPD aus dem 20-Prozent-Keller zu führen. Denn Gabriel ist nicht das Problem, sondern nur Ausdruck der sozialdemokratischen Misere.

Wer sich der Krise der Partei nähern will, der sollte sich seine Rede auf der kürzlich abgehaltenen SPD-Gerechtigkeitskonferenz zu Gemüte führen. Ganz zutreffend konstatierte er, die Sozialdemokratie sei immer dann erfolgreich gewesen, wenn sie Solidarität und Emanzipation zusammengebracht habe, also die Verantwortung füreinander mit dem Wunsch nach Veränderung der bestehenden Verhältnisse. Und Gabriel fragte seine Genossen, „ob wir den Gerechtigkeitshunger unserer Zeit noch begreifen“.

Eine starke Rede – mit einer entscheidenden Schwäche: Es fehlen die notwendigen Schlussfolgerungen. Die soziale Ungleichheit in Deutschland wird immer größer, aber die Führung der SPD ist weiterhin nicht bereit oder wagt es schlichtweg nicht, dagegen anzukämpfen. Das ist ihr Problem.

In der K-Frage plädiert Gabriel nun für einen Konkurrenzkampf, der per Mitgliedervotum entschieden werden soll. Eine gute Idee – unter einer Bedingung: dass Kandidaten gegeneinander antreten, die für unterschiedliche Positionen stehen.

Die Parteibasis muss eine Richtungsentscheidung treffen können. Das wäre nur möglich, wenn der Horizont über die derzeitige Parteispitze hinaus erweitert würde. Wer nach einer progressiven Alternative sucht: Gesine Schwan ist übrigens erst 72 Jahre alt, also immerhin noch zwei Jahre jünger als Bernie Sanders.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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