Ferienwohnungen in Berlin: VermieterInnen klagen gegen Verbot

Am Mittwoch werden erstmals Klagen am Berliner Verwaltungsgericht verhandelt. VermieterInnen sehen verfassungsrechtliche Bedenken.

Ein Schlüssel mit Schlüsselanhänger auf dem "Ferienwohnungen" steht, steckt in einem Schloss

Ist das Verbot von Ferienwohnungen der Schlüssel für einen entspannten Wohnungsmarkt? Foto: dpa

Der Kampf gegen Ferienwohnungen hat für den Senat hohen symbolischen Wert. Doch nur fünf Wochen nach deren faktischem Verbot könnte es damit schon wieder vorbei sein. Am Mittwoch verhandelt das Verwaltungsgericht vier Klagen von gewerblichen VermieterInnen, die das Verbot zum Kippen bringen könnten.

Rund 23.000 Ferienwohnungen werden laut einer Untersuchung der Berliner Verwaltung angeboten. Das entspricht 1,2 Prozent aller 1,9 Millionen Wohnungen in Berlin. Schon seit dem 1. Mai 2014 ist die Vermietung von Ferienwohnungen nur noch mit Ausnahmegenehmigung vom zuständigen Bezirks­amt zulässig. Das regelt das sogenannte Zweckentfremdungsverbotsgesetz.

Eine zweijährige Übergangsfrist ermöglichte es den Vermieterinnen jedoch, angezeigte Wohnungen auch ohne Genehmigung weiter zu vermieten. 6.300 VermieterInnen machten davon Gebrauch. Seit dem 1. Mai 2016 ist auch diese Frist ausgelaufen. Somit wird der Großteil der Ferienwohnungen seitdem illegal angeboten.

Verfassungsrechtliche Zweifel

Die KlägerInnen gegen das Gesetz haben verfassungsrechtliche Bedenken. In jedem der Verfahren geht es um nur eine Wohnung, die von den EigentümerInnen nicht selbst genutzt, sondern als Ferienwohnung vermietet wird. Doch „wenn das Gericht verfassungsrechtliche Zweifel äußert, wird es am Mittwoch kein Urteil geben“, sagt Gerichtssprecher Stephan Groscurth. „Dann wird das Gesetz dem Landes- oder Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt.“ Eine Einschätzung, ob das Gesetz vor dem Gericht Bestand haben wird, wollte Gros­curth der taz nicht geben.

Das Gesetz habe gravierende Mängel, sagt der ehemalige Präsident des Berliner Verfassungsgerichtshofs, Helge Sodan. Es sei nicht verhältnismäßig, weil es das Problem knappen Wohnraums kaum lösen könne. Die Belastungen für die VermieterInnen stünden in keinem vernünftigen Verhältnis zu den Vorteilen für die Allgemeinheit. Das Zweckentfremdungsverbotsgesetz sei „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, argumentiert auch der Anwalt der Onlineplattform Wimdu, Peter Vida. Sie steht hinter einer der KlägerInnen.

Die Bedenken sind erst mal berechtigt. Kann ein Ferienwohnungsverbot tatsächlich zur Entspannung des Wohnungsmarktes beitragen, wenn es lediglich 1,2 Prozent aller Wohnungen Berlins betrifft?

Das Verbot: Die Zweckentfremdung von Wohnraum ist seit Mai 2016 de facto verboten. Wer eine Ferienwohnung ohne Genehmigung betreibt, vermietet seitdem illegal. Berlin will damit den Wohnungsmarkt entspannen. Genehmigungen gibt es laut Senatsverwaltung nur in Ausnahmefällen. Es drohen bis zu 100.000 Euro Strafe.

Was bleibt erlaubt? Wenn BerlinerInnen, die zum Beispiel in den Urlaub fahren, ihre Wohnung einmalig zum „ortsüblichen Mietzins“ vermieten, sei das erlaubt, sagt die Senatsverwaltung und verweist auf den Einzelfall. Zudem dürfen Zimmer vermietet werden, solange die Fläche weniger als die Hälfte der Wohnung betrage.

Wer hat geklagt? Das Verwaltungsgericht verhandelt am Mittwoch die ersten vier Klagen von gewerblichen VermieterInnen gegen die Regelungen zur Zweckentfremdung von Wohnraum.

Das Interview: Airbnb-Sprecher Julian Trautwein darüber, was noch erlaubt ist, auf taz.de/Berlin. (sos)

Leerstand ist auch verboten

Das Gesetz verbiete mehr als nur das Vermieten von Ferienwohnungen, sagt Katrin Lompscher, Sprecherin für Stadtentwicklung der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Wohnraum, der länger als sechs Monate leer steht, fällt zum Beispiel auch unter Zweckentfremdung und ist grundsätzlich verboten. Eine Erfassung und Kontrolle fände aber nicht statt. Sie fordert ein Monitoring-System zur Aufzeichnung von Leerstand sowie eine Verkürzung der Regelung auf drei Monate.

Der Berliner Mieterverein sieht die Voraussetzungen für das Verbot als gegeben, denn die Mangellage an Wohnraum sei unstrittig. „Wir sind optimistisch, dass die vier Vermieter mit ihrem Anliegen nicht durchdringen werden“, sagt Geschäftsführer Reiner Wild. Niemand werde in seinen Eigentumsrechten „derart beschnitten, dass ihm die Insolvenz drohen würde“, sagt er. Die KlägerInnen sehen jedoch Verstöße gegen die Berufs- und die Eigentumsfreiheit sowie eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes.

Die Wohnungen werden meist über Onlineportale wie Wimdu oder Airbnb angeboten. Im Gegensatz zu Wimdu hat Airbnb nichts mit der Klage zu tun. „Die Ansichten von Airbnb und der Stadt liegen gar nicht so weit auseinander“, sagt Julian Trautwein, der Sprecher von Airbnb für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Er betont indes, dass das gelegentliche Vermieten der eigenen Wohnung seiner Ansicht nach keinen negativen Einfluss auf den Wohnungsmarkt habe und kein Zweckentfremden von Wohnraum sei.

Alles Auslegungssache

Allerdings gebe es Unklarheit bei der Auslegung des Gesetzes. Wann eine Wohnung von den jeweiligen Bezirken als Ferienwohnung angesehen wird, darüber herrscht Uneinigkeit, wie auch eine taz-Recherche belegt. Laut Trautwein „haben widersprüchliche Aussagen verschiedener Vertreter des Senats in den letzten Wochen für weitere Unsicherheiten gesorgt“.

„Es ist enorm, wie unterschiedlich die Auslegung ist“, sagt auch Lompscher von der Linksfraktion. Die rechtlichen Voraussetzungen seien aber klar genug. Der Senat müsse nun auf Plattformen wie Airbnb zu­gehen und eine Offenlegung der Angebote fordern.

Airbnb ist seit einer Gesetzesverschärfung im März dazu verpflichtet, auf Anfrage des Senats Auskunft über die Daten von VermieterInnen zu geben. Bisher habe der Senat jedoch, nach Angaben von Airbnb, keine Anfrage gestellt. Wird den KlägerInnen Mittwoch bescheinigt, dass deren Ferienwohnungen unter das Verbot fallen, bringt das Klarheit für kommerzielle Vermietungen. Für eine eindeutige und entschlossene Umsetzung des Verbots wäre das ein Anfang.

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