Grundrechtereport vorgestellt: Der Staat als möglicher Gefährder

Fazit der aktuellen Ausgabe des Bürgerrechtsreports: Die Grundrechte werden in erster Linie von Staat und Geheimdiensten bedroht.

Zwei Bücher mit der Aufschrift Grundrechte-Report liegen auf einem Tisch

Der Grundrechtereport ist ein Taschenbuch, das jährlich von acht Bürgerrechtsorganisationen herausgegeben wird Foto: dpa

KARLSRUHE taz | „Ich habe im Rechtsstaat ja schon viel erlebt, aber damit habe ich nicht gerechnet“, sagte Friedensaktivist Hermann Theisen. Per Flugblatt hatte er Mitarbeiter der Rüstungsschmiede Heckler & Koch (HK) aufgerufen, illegale Machenschaften mitzuteilen. Dafür erhielt er nun einen Strafbefehl über 3600 Euro – wegen „öffentlicher Aufforderung zu Straftaten“. Er habe die HK-Mitarbeiter angestachelt, Geschäftsgeheimnisse zu verraten.

Dabei hat Theisen durchaus Grund, bei Heckler & Koch krumme Geschäfte zu vermuten. Demnächst wird vor dem Landgericht Stuttgart ganz offiziell gegen mehrere HK-Manager wegen Verletzung des Kriegswaffenkontrollgesetzes verhandelt.

Theisen hat gegen seinen Strafbefehl inzwischen Widerspruch eingelegt. Er beruft sich auf die Meinungsfreiheit und ist dabei zuversichtlich. „Von über 20 Gerichtsverfahren habe ich am Ende über neunzig Prozent gewonnen“, sagte der Heidelberger Sozialarbeiter, „ich habe deshalb relativ großes Vertrauen in unser Rechtssystem“.

Theisen schilderte seinen Fall bei der Vorstellung des aktuellen Grundrechtereports in Karlsruhe. Der Grundrechtereport ist ein Taschenbuch, das jährlich von acht Bürgerrechtsorganisation – von der Humanistischen Union bis zu Pro Asyl – herausgegeben wird, in diesem Jahr zum zwanzigsten Mal.

Der „wahre Verfassungsschutzbericht“

Zum Jubiläum gab Mitherausgeber Till Müller-Heidelberg eine neue Sprachregelung aus: „Der Grundrechtereport ist kein ‚alternativer Verfassungsschutzbericht‘ mehr, es ist der ‚wahre Verfassungsschutzbericht‘“. Die Bedrohung der Grundrechte gehe in erster Linie vom Staat und den Geheimdiensten aus, nicht von den Bürgern. Immerhin fand sich im diesjährigen Report aber auch ein Beitrag über rechtsradikale Gewalt gegen Flüchtlinge.

Bekanntester Autor war diesmal der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). Er kritisierte das neue Tarifeinheitsgesetz, das die Arbeit kleiner Gewerkschaften erschwert. Der Eingriff in Koalitionsfreiheit und Streikrecht werde letztlich auch die Position der großen Gewerkschaften verschlechtern.

Lob gab es im Grundrechtereport vor allem für die Justiz, etwa für die Datenschutzurteile des Europäischen Gerichtshofs.

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