Nach dem Attentat von Orlando: Was wusste die Frau des Täters?

Bei der Suche nach dem Motiv des Attentäters rückt seine zweite Ehefrau in den Fokus. Obama kritisiert Trump für anti-muslimische Äußerungen.

Viele Menschen zünden Kerzen an und stehen vor einer Regenbogen-Fahne

Überall auf der Welt trauern Menschen um die Opfer von Orlando: eine Szene aus der dominikanischen Republik Foto: dpa

ORLANDO dpa/ap | In den USA setzen FBI und Justiz die mühsame Suche nach dem Motiv des Todesschützen von Orlando fort. Vielversprechend könnte möglicherweise die zweite Frau des Täters sein. Sie wusste nach einem NBC-Bericht von den Anschlagsplänen ihres Mannes und will versucht haben, ihn davon abzubringen. Nach anderen Berichten hatte Omar Mateen in Orlando auch das berühmte Disneyland im Blick.

NBC berichtete, die Frau habe dem FBI gesagt, ihren Mann mindestens einmal ins „Pulse“ gefahren zu haben. Er habe diesen Club, sein späteres Anschlagsziel, auskundschaften wollen.

In dem Club für Homosexuelle erschoss Mateen in der Nacht zum Sonntag 49 Menschen und verletzte 53. Derzeit werden noch 27 Menschen behandelt, meist an Schusswunden. Sechs Menschen ringen noch mit dem Tod, sagten Ärzte.

Dramatisch sind Schilderungen von Überlebenden der Terrornacht: Der Attentäter habe systematisch einen Besucher nach dem anderen erschossen. Später habe er nochmals auf Liegende gefeuert, wohl um sicher zu gehen, dass sie tot sind.

Radikalisierung durchs Internet

Das FBI hatte am Montag ausgeschlossen, dass der Attentäter von einem terroristischen Terrornetzwerk Instruktionen erhielt. Mateen soll über das Internet extremistisch inspiriert worden sein. Er hatte sich auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) berufen.

US-Medien berichteten, der 29-Jährige sei vor der Tat häufiger selbst zu Gast in dem Club gewesen. Er soll demnach auch eine Dating-App für Schwule genutzt haben. Aus welchen Gründen Mateen vor der Tat dort war, ist offen.

Das FBI schloss weiter nicht aus, dass es Mittäter oder Helfershelfer gibt. Das Bundeskriminalamt prüft Verbindungen des Vaters des Attentäters, Siddique Mateen, nach Deutschland.

Dem Massaker folgt eine selten scharfe Debatte über den Umgang mit Muslimen und das Selbstverständnis der USA.

Obama kritisiert Trump so scharf wie nie zuvor

US-Präsident Barack Obama hat die antimuslimische Rhetorik des republikanischen Präsidentschaftsbewerbers Donald Trump nach dem Massaker von Orlando entschieden verurteilt. Trumps Ansichten seien eine Gefahr für die amerikanische Sicherheit und ein bedrohlicher Anklang an einige der beschämendsten Augenblicke der US-Geschichte, sagte Obama. Eigentlich hatte er nach Unterredungen mit Sicherheitsberatern in seiner Ansprache im Finanzministerium in Washington planmäßig über den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat informieren wollen.

„Das ist nicht das Amerika, das wir wollen. Das spiegelt nicht unsere demokratischen Werte wider“, sagte Obama zu Trumps Forderungen nach einem zeitweiligen Einreiseverbot für ausländische Muslime und einem anderen Umgang mit muslimischen US-Bürgern. Diese Äußerungen hatte der Republikaner nach dem Massaker noch einmal bekräftigt und um ein weiteres Element ergänzt: ein Einwanderungsstopp aus Weltregionen mit einer Vergangenheit des Terrorismus gegen die USA und ihre Verbündeten. Zudem hatte er Obama wegen der Orlando-Tragödie den Rücktritt nahegelegt.

Trumps „leichtfertiges Gerede“ und seine „Schlamperei“ könne zu Diskriminierung gegen ethnische und religiöse Minderheiten führen, kritisierte Obama. So drastisch wie am Dienstag hatte er den voraussichtlichen Präsidentschaftskandidaten der Republikaner bislang noch nie angegangen.

„Wir sind in unserer Geschichte durch Momente gegangen, in denen wir aus Angst handelten und es bereuten“, sagte Obama. „Wir haben erlebt, wie unsere Regierung unsere Mitbürger falsch behandelt hat und es ist ein beschämender Teil unserer Geschichte gewesen.“

Trump bekommt Gegenwind aus der eigenen Partei

Bei Obamas vorangegangenen Gesprächen mit seinen Sicherheitsberatern ging es über die Bedrohung durch den IS und auch um sogenannte Einsame Wölfe, wie es vermutlich der Attentäter von Orlando gewesen war. Mit diesem Begriff werden Täter bezeichnet, die von der Ideologie der Extremisten beeinflusst sind und sich zu ihnen bekennen, nicht aber direkte Befehle ausführen.

Obama erinnerte Trump daran, dass die USA auf dem Grundrecht der Religionsfreiheit gegründet seien. US-Muslime anders zu behandeln, würde die USA nicht sicherer machen. Im Gegenteil könnte die IS-Behauptung auf fruchtbareren Boden fallen, dass der Westen Muslime hasse.

Trump schoss kurz darauf zurück. „Präsident Obama behauptet, unseren Feind zu kennen, und dennoch zieht er weiterhin unseren Feind unseren Verbündeten vor, und was das betrifft, dem amerikanischen Volk“, erklärte er. „Wenn ich Präsident bin, wird Amerika immer als Erstes kommen.“

Wenig später sagte Trump bei einer Wahlkampfkundgebung in Greensboro in North Carolina, der Präsident sei offenbar wütender auf ihn als auf den Attentäter von Orlando. „Das ist die Art von Wut, die er für den Schützen haben sollte und für diese Killer, die nicht hier sein sollten“, rief er der Menge zu.

Allerdings bekam Trump auch Gegenwind aus seiner eigenen Partei. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, sagte, ein Einreiseverbot für Muslime sei nicht im Interesse der USA. Benötigt würden Sicherheitstests, nicht Religionstests. Die Gefahr gehe vom „radikalen Islam“, nicht vom islamischen Glauben aus.

Debatte über Verschärfung der Waffengesetze

Die demokratische Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton warf Trump „bizarre Hasstiraden“ vor. Besonders harsch ging sie mit Trumps falscher Behauptung ins Gericht, Omar Mateen sei ein gebürtiger Afghane, also ein Einwanderer. „Der Terrorist, der diese Attacke ausgeführt hat, wurde nicht in Afghanistan geboren, wie Donald gestern gesagt hat, sondern in Queens, New York, genau wie Donald selbst“, sagte sie.

Im US-Kongress kam zudem eine Debatte über eine Verschärfung der Waffengesetze auf. Demokratische Abgeordnete forderten vehement strengere Richtlinien für den Erwerb und das Tragen von Schusswaffen. Die Republikaner im Kongress sind jedoch mit ihrer parlamentarischen Mehrheit gegen Verschärfungen.

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