Festnahme eines Auto-Brandstifters: Ein „Insider“ der Szene

In Berlin wird ein Brandstifter ertappt, vermutet wird eine Verbindung zur Rigaer Straße. Der Festgenommene ist wohl Zuträger der Behörden.

Festgenommener Mann sitz auf dem Rasen

Etwa eine Stunde lang saß der Festgenommene zwischen Polizeibeamten in der Nähe des Tatorts Foto: Björn Kietzmann

BERLIN taz | Seit der Teilräumung des linksalternativen Hausprojekts Rigaer Straße 94 reißt die Serie von Autobrandstiftungen in Berlin nicht ab. In der Nacht auf Mittwoch meldete die Polizei jedoch ihren ersten Erfolg: Ein 26-Jähriger wurde in der Tasdorfer Straße in Lichtenberg dabei ertappt, wie er an insgesamt drei Fahrzeugen versuchte, Brände zu legen – behördlichen Angaben zufolge gestand er die Taten sofort. Geprüft werde nun, ob er noch für weitere Brandstiftungen verantwortlich sei.

Innensenator Frank Henkel (CDU) gratulierte der Polizei: „Diese Festnahme eines Tatverdächtigen ist kein Zufallstreffer, sondern das Ergebnis vorheriger Ermittlungen.“

Ein Zufallstreffer ist die Festnahme womöglich tatsächlich nicht, doch aus dem vermeintlichen Ermittlungserfolg der Polizei könnte ein handfester Skandal werden. Bilder des Festgenommenen lassen darauf schließen, dass es sich bei dem Mann um Marcel G. handelt, einem Zuträger des Landeskriminalamtes und des Verfassungsschutzes, der in der Vergangenheit umfangreich über Berlins linksradikale Szene ausgesagt hat. Unklar ist hingegen, ob er aus eigenem Antrieb handelte oder gar als V-Mann tätig gewesen ist.

Wie Vernehmungsprotokolle, die auf dem linken Internetportal Indymedia veröffentlicht wurden, belegen, wurde G., damals 22 Jahre alt, im Juli 2012 nach einer Mülltonnenbrandstiftung in Hamburg festgenommen. Den Beamten präsentierte er sich als „Insider“ der Berliner linken Szene, der nun aussteigen wolle.

Ausführlich berichtete er ihnen über die Räumlichkeiten der Rigaer 94, inklusive der inzwischen geräumten Kneipe „Kadterschmiede“. Er beschrieb den Ort als Treffpunkt für die Planung militanter Aktionen. Eine Personengruppe, die sich regelmäßig in der „Kadterschmiede“ treffe, bezichtigte er eines Angriffs mit Molotowcocktails auf einen Streifenwagen am Kottbusser Tor im Juni 2012. Auf Indymedia heißt es weiterhin: „Die mittelbaren und unmittelbaren Folgen seiner Aussage waren DNA-Entnahmen, Hausdurchsuchungen (…) sowie eine Palette an Überwachungsmaßnahmen.“

Verfassungsschutz springt an

Im Berliner Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2012 (pdf) tauchte die Rigaer 94 dann erstmalig auf – und zwar als „zentrale Institution der gewaltbereiten autonomen Szene Berlins“. Ähnliche Formulierungen finden sich seitdem jedes Jahr, auch im jüngst veröffentlichten Bericht für 2015 (pdf). Hinsichtlich einer Gefahreneinschätzung der Rigaer 94 durch die Ermittlungsbehörden ist G. damit quasi als Kronzeuge anzusehen.

In mehreren Indymedia-Artikeln wird G.s Zugehörigkeit zur linken Szene dagegen seit langem bestritten. In einem Text der Rigaer 94 heißt es, seine Wegbeschreibung in die „Kadterschmiede“ sei „falsch“, möglich sei lediglich, dass „G. dort als Besucher war“. In dem Text werden G.s Aussagen als „Hilferuf nach menschlicher Zuneigung“ interpretiert. In jüngerer Vergangenheit präsentierte sich G. als Redner auf einer rechten Bärgida-Demonstration.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.