EMtaz: Kolumne Queering Soccer: Ein Regenbogen beim FC Bayern

Die Arena des FC Bayern München leuchtet zur Christopher-Street-Parade in bestimmten Farben. Groß ist das, ganz groß.

Einige Leute vor dem Station in Regenbogenfarben

„Toleranz“ ist das häufig benutzte Stichwort, Werbung könnte ein anderes lauten Foto: ap

Samstag war Christopher-Street-Parade in München, und das war schon in der bayerischen Haupstadt kaum eine Nachricht wert – es waren lediglich 10.000 Teil­neh­me­r*in­nen bei der queeren Parade dabei, außerdem 100.000 Zuschauende am Rande, gleich welcher sexuellen Orientierung.

Zur Meldung brachte es dieses Ereignis nur durch eine wirklich sehr schöne Geste, initiiert durch ein liberales Mitglied im Stadtrat, für sehr gut befunden durch den Bürgermeister der Stadt, Dieter Reiter.

Die Krönung war jedoch – und sie erst brachte die Meldung hervor –, dass am späteren Abend des schwullesbitransitionellen Umzugs das Stadion des FC Bayern München in Regenbogenfarben erleuchtet wurde. Und, man muss es sagen, dies sah sehr prächtig aus.

Die Arena, die sonst eher wie ein monströses Raumschiff farbneutral herumsteht und als Landschaftsmöbel nur „Size does matter“ signalisiert, erstrahlte, nun ja, magisch. Hatte man nicht erwartet: Der FC Bayern München als Eigentümer musste das ja erlauben.

Vorsaison-Ehren-CSD-Coolness-Medaille für FC Bayern

Hat er offenbar. Auf der Face­book-Seite des Vereins steht es nüchtern und souverän verzeichnet – inklusive Debatte über die Aktion. Das Erstaunliche ist nämlich, dass es sehr, sehr viele FC-Bayern-Fans gibt, die diese mehrstündige Inbesitznahme ihrer Arena durch die Farben des queeren Regenbogens gutheißen. „Toleranz“ ist das häufig benutzte Stichwort, und es ist immer freundlich, nicht herablassend gemeint.

Zwar gibt es auch eine Fülle von dissenden Statements. Von Aidsansteckung ist die Rede, von Hinterladern und so weiter und so krass. Aber es bleibt, dass die Fans sich längst mit dem Gedanken angefreundet haben, Schwules (um hier nur vom Männlichen zu sprechen) könnte reale Bedeutung im Kontext des FC-Bayern-Geschehens haben – und nicht nur als Outing nach der Karriere, wie bei Thomas Hitzlsperger, immerhin elf Jahre Teil dieses Vereins.

Insofern verdient, was mir als HSV-Fan (auf ewig in die persönliche Kultur-DNA eingeschrieben, so ist das nun einmal) zu sagen schwerfällt, der FC Bayern eine Art Vorsaison-Ehren-CSD-Coolness-Medaille. Hat ja noch kein Verein gemacht – und man stelle sich vor, wie sich andere aus der Anfrage herausgewunden hätten: Sex hat mit Fußball nix zu tun! Geht doch um Sport, nicht ums An-die-Wäsche-Gehen! Wir sind weltanschaulich neutral! Oder anderen Quatsch hätten wir vernommen.

Zumal die Bayern, also die Dauermeister, nicht so'n Gewese um Diversität machen wie der DFB selbst. Der hat vor einiger Zeit, als seine nach Korruption riechende WM-Bewerbungsbuchhaltung ruchbar wurde, eine 50.000-Euro-Förderung eines queeren Projekts der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld zurückgezogen. Eine Summe, die, vergleichsweise, ungefähr einen Euro in einem Hartz-IV-Portemonnaie bedeuten würde.

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Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Kurator des taz lab und des taz Talk. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders der Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. Er ist auch noch HSV-, inzwischen besonders RB Leipzig-Fan. Und er ist verheiratet seit 2011 mit dem Historiker Rainer Nicolaysen aus Hamburg.

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