Debatte um Steuersenkungen: Sprit teurer, Abgaben runter

Das Forum Öko-Soziale Marktwirtschaft will Steuern auf Benzin und Strom erhöhen. Damit sollen Sozialbeiträge von Kleinverdienern gesenkt werden.

Ein Zapfhahn steckt in einem Auto

Spielraum: Seit 2003 ist der Ökosteueranteil bei Energie gesunken Foto: dpa

BERLIN taz | Autofahren und Fliegen muss teurer werden, Belastungen für Niedrigverdiener sollen sinken. Das fordert Hans Eichel, Leiter des Beirats des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS). „Die Sozialabgaben müssen verringert werden“, sagte Eichel am Donnerstag. Sein Votum hat Gewicht: Immerhin war der SPD-Mann zwischen 1999 und 2005 rot-grüner Bundesfinanzminister.

Umweltschädliches Verhalten müsse wieder stärker be-, Arbeit entlastet werden. In einer neuen Untersuchung beklagt das FÖS, dass der Anteil der Umweltsteuern am gesamten Steueraufkommen mittlerweile nur noch bei 4,6 Prozent liege – nach 6,5 Prozent im Jahr 2003, zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung. Das vermindere nicht nur die Lenkungswirkung, sondern reduziere auch die Staatseinnahmen um rund 10 Mil­liar­den Euro pro Jahr, sagte FÖS-Chef Björn Klusmann.

Aktuell liegt das Aufkommen an Umweltsteuern bei 58 Mil­liar­den Euro pro Jahr. Ihr Anteil am gesamten Steueraufkommen sinkt, weil sie nicht an die Preisentwicklung gekoppelt sind. 2003 kostete ein Liter Benzin beispielsweise im Schnitt 1,09 Euro, die Energiesteuer betrug 65,5 Cent. Heute schwankt der Benzinpreis um 1,30 Euro, die Steuer wurde hingegen nicht erhöht. Hätte sie mit der Preisentwicklung mitgehalten, läge sie bei 77 Cent pro Liter. Allmählich solle diese Entwicklung nachgeholt werden, meint das FÖS.

Konkrete Steuererhöhungen fordert das Forum nicht, bringt aber höhere Belastungen für Benzin, Diesel, Flugreisen, Strom oder Kernbrennstoffe ins Gespräch. Auch die EU-Kommission rät in ihrer „Leitinitiative ressourcenschonendes Europa“ zu einem Umweltsteueranteil von über 10 Prozent bis 2020.

Mit den Mehreinnahmen ließen sich die Sozialabgaben in Deutschland um 5 Prozent pro Arbeitnehmer und Jahr senken, argumentieren Eichel und das FÖS. Der Exfinanzminister setzt sich dafür ein, bei den Sozialabgaben einen ähnlichen Freibetrag einzuführen wie bei der Steuer. Während auf niedrige Arbeitseinkommen bis 8.652 Euro jährlich keine Steuer erhoben wird, liegt die Belastung mit Sozialabgaben bei rund 39 Prozent – hälftig zu zahlen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Diese zu senken würde die Einkommen Ärmerer erhöhen und könnte dazu beitragen, Arbeitsplätze zu schaffen, meint Eichel.

Hans Eichel, ExFINANZMinister

„Die Sozialabgaben müssen verringert werden“

Die Idee liegt quer zur ak­tuel­len Steuerdebatte. Hier geht es darum, ob und wie die Einkommensteuer nach der Bundestagswahl 2017 verringert werden soll. Hintergrund: Weil die Wirtschaft in Deutschland gut läuft, die Löhne wachsen und mehr Menschen arbeiten, verzeichnet Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Milliardenüberschüsse, Schulden muss er nicht mehr aufnehmen. Teile von Union und SPD fordern deshalb, den Tarif der Einkommensteuer zu reduzieren. Dadurch würden Bezieher niedrigerer, mittlerer oder auch hoher Einkommen Vorteile erhalten, je nachdem, wo die Änderung ansetzt.

Eichel meint, Schäuble solle erst einmal in Bildung, Verkehrswege und Datenleitungen investieren.

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