Proteste im Kongo: Volksaufstand gegen die Gewalt

Nach dem Massaker in Beni brechen massive Proteste im Ostkongo aus. Die Armee selbst soll die Bluttat verübt haben, um ihre Stellung zu sichern.

Ein Armeegeschütz feuert Munition ab, ein Feuerstrahl schießt durch die Luft. Dahinter grüne Palmen

Januar 2014: Kongos Armee FARDC schießt vor Journalisten auf ADF-Stellungen nahe Beni Foto: reuters

BERLIN taz | Die Empörung im Osten der Demokratischen Republik Kongo nach einem Massaker an Dutzenden Zivilisten in der Stadt Beni weitet sich aus. Zahlreiche Menschen demonstrierten am Mittwoch in Beni gegen die aus ihrer Sicht für die Unsicherheit verantwortliche Regierung.

Die Polizei versuchte, die Aufmärsche mit Tränengas und Warnschüssen aufzuhalten, bis ihr das Tränengas ausging, berichteten Augenzeugen. Jugendliche errichteten Straßensperren und sangen die Nationalhymne. Ein Demonstrant wurde erschossen, ein Polizist fast gelyncht.

Auch im 50 Kilometer entfernten Butembo, mit 500.000 Einwohnern die größte Stadt dieses Teils der Provinz Nord-Kivu, gab es Proteste.

In der Nacht zum Sonntag hatten Bewaffnete in kongolesischen Armeeuniformen am Rande von Beni ein Massaker angerichtet. Die bestätigte Todeszahl stieg inzwischen auf 51, lokale Quellen sprechen von bis zu 127.

Kongos Regierung machte „Islamisten“ in Form der im ugandisch-kongolesischen Grenzgebiet operierenden Rebellengruppe ADF (Allied Democratic Forces) verantwortlich. Ein Militärsprecher sagte, es handele sich um einen ADF-Racheangriff nach dem Verlust einer ihrer Basen.

„Es waren FARDC-Soldaten“

In Beni gehen aber die meisten davon aus, dass es sich bei den Angreifern um Soldaten der kongolesischen Armee FARDC handelte. „Die Überlebenden sagen eindeutig, dass es FARDC-Soldaten waren, die Swahili und Kinyarwanda sprachen“, berichtet ein lokaler Journalist aus Beni der taz. „Es gibt in der FARDC eine Todesschwadron, die solche Massaker verübt.“

Seit Anfang 2014 führt Kongos Armee aus Beni heraus die Operation „Sukola 1“ gegen die ADF und setzt dabei nach Angaben des Militärspezialisten Jean-Jacques Wondo rund 25.000 Soldaten gegen zunächst 750 und heute nur noch 300 Rebellen ein.

Die Armee gewinnt diesen Krieg nie – aus Eigennutz, analysieren lokale Beobachter: Beni ist ein Zentrum des lukrativen Warenschmuggels zwischen Ostkongo und Ostafrika über den Grenzposten Kasindi an der Grenze zu Uganda. Daran verdient das Militär mit.

Im Mai habe Kongos Regierung verfügt, das Hauptquartier von „Sukola 1“ aus Beni in die Kleinstadt Eringeti 65 Kilometer nördlich zu verlegen – weg von der Schmuggelroute. Als Präsident Joseph Kabila Anfang August Beni besuchte, habe er befohlen, diesen Beschluss endlich umzusetzen, so wird in Beni erzählt.

Die Armeegeneräle hätten daraufhin nach seiner Abreise das Massaker organisiert, um zu beweisen, warum sie in Beni bleiben müssten, heißt es.

Armeegeneräle wollen in Beni bleiben

Dass die ADF käuflich wäre, ist nicht neu. Schon bei der Ermordung des populären Armeegenerals Mamadou Ndala durch einen ADF-Anschlag nahe Beni Anfang 2014 stellte sich hinterher heraus, dass die Attentäter im Auftrag von Ndalas Rivalen in der Armee gehandelt hatten.

Wenn all dies stimmt, hat Präsident Kabila ein Autoritätsproblem im Militär. Er führte in den vergangenen Tagen in der Provinzhauptstadt Goma Krisengespräche mit seinen höchsten Generälen. Über Ergebnisse ist nichts bekannt.

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