Diskussion um Ceta-Abkommen: Ein Präzendenzfall beim EuGH

Welche Rolle spielen nationale Parlamente bei der Ratifizierung von EU-Verträgen wie Ceta? Ein aktueller Streitfall könnte Weichen stellen.

Ein brennendes Ceta-Symbol. Davor stehen zwei Frauen mit einem Plakat auf dem steht: Ceta – brandgefährlich. Darunter prangt der Greenpeace-Schriftzug

Zahlreiche Kritiker halten Ceta für gefährlich Foto: dpa

FREIBURG taz | In den Strudel der Handelsabkommen Ceta und TTIP wird jetzt auch ein Abkommen der Europäischen Union mit Singapur gezogen. Am Montag und Dienstag verhandelt der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg, ob der Vertrag mit Singapur als „gemischtes Abkommen“ auch die Zustimmung aller EU-Staaten benötigt – ein Präzedenzfall.

Bei Ceta haben sich Mitgliedsländer und die Kommission der EU vor wenigen Wochen geeinigt: Der Handelsvertrag mit Kanada soll als „gemischtes Abkommen“ eingestuft werden. Das heißt: nach dem Ja im EU-Ministerrat und im Europäischen Parlament braucht der Vertrag auch noch die Zustimmung aller nationalen Parlamente, in Deutschland also von Bundestag und Bundesrat. Das kann Jahre dauern. Bis dahin soll Ceta nur teilweise vorläufig angewandt werden.

Für die EU-Kommission ist die Einstufung von Ceta als „gemischtes Abkommen“ bisher nur ein politischer Kompromiss. Juristisch hält sie Ceta nach wie vor für ein Abkommen, über das die EU-Institutionen allein entscheiden können. Sie hat deshalb auch beantragt, dass Ceta in vollem Umfang (inklusive Investorenschutz) vorläufig angewandt werden kann. Die Entscheidung „gemischt“ oder „EU-only“ ist aber letztlich keine politische, sondern eine juristische. Zuständig ist der EuGH.

In diesem Zusammenhang bekommt ein beim EuGH bereits seit 2015 anhängiges Verfahren große Bedeutung. Das EU-Singapore-Free-Trade-Agreement (EUSFTA) wurde von den EU-Staaten als „gemischtes Abkommen“ eingestuft. Die EU-Kommission hielt dies für falsch und hat den EuGH um ein verbindliches Gutachten gebeten. Am Montag und Dienstag wird darüber verhandelt. Es wird auch hier wohl vor allem um die Frage gehen, ob der Investorenschutz das EUSFTA zum gemischten Abkommen macht.

Das EuGH-Urteil wird erst für Anfang 2017 erwartet. Für den Ceta-Beschluss im EU-Ministerrat Mitte Oktober ist das zu spät. Wenn der EuGH im Sinne der Mitgliedstaaten entscheidet (gemischtes Abkommen), ist das kein Problem. Wenn der EuGH aber der EU-Kommission Recht gibt (reines EU-Abkommen), könnte diese versucht sein, die Einstufung von Ceta als „gemischtes Abkommen“ doch noch infrage zu stellen. Sie könnte entweder auch bei Ceta den EuGH anrufen. Oder sie könnte versuchen, die vorläufige Anwendung von Ceta doch auf das gesamte Abkommen (inklusive Investitionsschutz) auszuweiten, weil die vorläufige Anwendung bei allen EU-Materien zulässig ist.

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