Korruption in der Ukraine: Ein Heim für 300.000 Euro verschenkt

Ukrainische Beamte und Abgeordnete geraten verstärkt ins Visier von polizeilichen Ermittlern. Es geht um den Verdacht auf Korruption.

Zwei Männer reichen sich die Hand

Einst Korruptionsbekämpfer, nun unter Korruptionsverdacht: Sergej Leschtschenko (l.) Foto: Imago / Zuma Press

KIEW taz | Über einhundert Angehörige des ukrainischen Geheimdienstes und der Generalstaatsanwaltschaft standen Donnerstagfrüh vor dem Rathaus von Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, und verschafften sich Zutritt zu den Räumlichkeiten von Oberbürgermeister Gennadij Kernes. Gleichzeitig durchsuchten ihre Kollegen ein Dutzend weiterer Räumlichkeiten, die mit dem Bürgermeister in Zusammenhang gebracht werden.

Man ermittle gegen Bürgermeister Kernes, dem man vorwerfe, sich widerrechtlich 654 Hektar Land im Marktwert von umgerechnet 140 Millionen Euro angeeignet zu haben, erklärte Generalstaatsanwalt Jurij Luzenko. Der Bürgermeister bestritt die Vorwürfe.

Auch bei der Mutter von Michail Dobkin, einem weiteren Politiker der Opposition, standen die Geheimdienstler vor der Haustür in Charkiw. Doch für die Hausdurchsuchung eines Abgeordneten ist die Aufhebung der Immunität Voraussetzung, und die lag nicht vor.

Beide Politiker standen vor der Revolte auf dem Kiewer Maidan an der Seite des damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Und beide hatten Anfang 2014 ein sehr wohlwollendes Verhältnis zu den prorussischen Aufständischen im Osten der Ukraine. Die Beschuldigten sehen hinter den Hausdurchsuchungen die Handschrift ihres Gegenspielers, Innenminister Arsen Awakow, der ebenfalls aus Charkiw stammt.

Weitere Hausdurchsuchungen angekündigt

Hatte das Land am Abend zuvor noch über den Besuch des deutschen und französischen Außenministers diskutiert, waren die Hausdurchsuchungen und weitere Korruptionsskandale das große Thema am Donnerstag.

Verwunderung hatten zuvor die Wohnverhältnisse eines anderen Abgeordneten hervorgerufen. Sergej Leschtschenko, der sich als Kämpfer gegen die Korruption einen Namen gemacht hat, sah sich in Erklärungsnöten. Journalisten wollten von ihm wissen, wie er sich in Kiew eine Wohnung im Wert von 250.000 Euro leisten könne.

Auch die Abgeordnete Swetlana Salischtschuk, die wie Leschtschenko der Fraktion des Poroschenko-Blocks angehört, musste erklären, warum ihr Mann, der Diplomat Morten Enberg, der gleichzeitig Chef des Büros des Europarats in Kiew ist, ihr 300.000 Euro für eine Wohnung geschenkt habe und wie das Geld angesichts der strengen Deviseneinfuhrbeschränkungen ins Land gekommen sei.

Sorjan Schkirjak, Berater im ukrainischen Innenministerium, kündigte weitere Hausdurchsuchungen bei Abgeordneten an. Man werde in Kürze dem Parlament Anträge für die Aufhebung der Immunität einiger Abgeordneter, die der Korruption verdächtigt würden, vorlegen.

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