Misstrauensvotum in Südafrika: Schlechte Stimmung beim ANC

Wird der umstrittene Präsident Zuma von der eigenen Partei gestürzt? Der ANC-Vorstand berät auf Antrag von Regierungsmitgliedern darüber.

Jacob Zuma bedeckt sein Gesicht mit der Hand

Es sieht nicht gut aus für Jacob Zuma Foto: reuters

JOHANNESBURG taz | Spekulationen um den bevorstehenden Abtritt von Präsident Jacob Zuma sorgen schon seit Monaten für Hoffnung bei vielen Südafrikanern. Doch noch nie, seit Zuma 2009 Präsident wurde, war die Lage so ernst wie jetzt: Erstmals fordern auch Minister ganz offiziell, dass er geht. Der Vorstand des regierenden Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) hat sein letztes Treffen vor der Sommerpause in diesem Jahr deswegen von Sonntag auf Montag verlängert – so tief gespalten sind die Fraktionen. Die Politiker konnten sich bis Montagnachmittag nicht über eine geheime Abstimmung einigen, die entscheiden würde, ob Zuma sein Amt niederlegen muss.

Laut Medienberichten legte Tourismusminister Derek Hanekom am Samstag einen Antrag zur Abstimmung vor, Jacob Zuma aus seinem Amt zu entlassen. Es entstand eine hitzige Debatte, aber eine Entscheidung wurde zunächst verschoben. Gesundheitsminister Aaron Motsoaledi und Bauminister Thulas Nxesi stärken der Anti-Zuma-Fraktion den Rücken. Auch der Geschäftsführer Jackson Mthembu hat bereits vor wenigen Wochen erklärt, der Präsident sei nun untragbar geworden. Zu den Korruptionsskandalen, die Zuma seit Beginn seiner Amtszeit begleiten, kommt, das der ANC dieses Jahr bei den Kommunalwahlen die größte Niederlage in seiner Geschichte erlitt: Die großen Städte Johannesburg und Pretoria gingen erstmals an die Oppositionspartei Demokratische Allianz.

Das ANC-Vorstandstreffen sei ohne Zweifel eines der wichtigsten politischen Ereignisse der vergangenen zehn Jahre in Südafrika, sagt Susan Booyens, politische Kommentatorin an der Witwatersrand Universität in Johannesburg. „Die erweiterte Sitzung ist auf keinen Fall normal. Es sind Beratungen auf höchster Ebene über die Zukunft des Präsidenten.“ Bisher hatte der ANC-Vorstand sich stets hinter Zuma gestellt.

Es gibt nun im ANC zahlreiche Stimmen, die den von Korruptionsskandalen umgebenen Präsidenten sofort loswerden und damit „Zumagate“ beenden wollen. Dazu zählen auch mehrheitlich die Mitglieder des linken Gewerkschaftsbundes Cosatu, der sich gerade für eine vorübergehende Amtsübernahme durch den früheren Gewerkschaftsboss und heutigen Unternehmer Cyril Ramaphosa ausgesprochen hat.

Die Fehltritte des Staatschefs

Die Gründe für den Antrag, Präsident Zuma abzusetzen, sind die Fehltritte des Staatschefs. Seine freundschaftliche Beziehung zu der mächtigen indischstämmigen Gupta-Familie, die den Staat praktisch vereinnahmt hat und Ministern lukrative Posten versprach, spielt eine zentrale Rolle. Exombudsfrau Thuli Madonsela hatte vor ihrem letzten Amtstag im Oktober noch einen umfangreichen Untersuchungsbericht abgeliefert, der auf die Machenschaften Zumas detailliert eingeht. Über Präsident Zuma hängen außerdem 783 Anklagen wegen Korruption und Betrug an, die noch vor Gericht zu verhandeln sind.

William Gumede, Analyst

„Wir sollten eine Modelldemokratie für Afrika sein“

Die jüngsten Angriffe auf Finanzminister Pravin Gordhan durch die Staatsanwaltschaft Anfang November wurden derweil als Versuch Zumas gewertet, seine Vetternwirtschaft auszudehnen. Gordhan, der die südafrikanischen Staatsfinanzen solide lenkt, war zunächst wegen angeblich illegalen Vorgehens in seinem vorherigen Amt als Kommissar der Steuerbehörde vorgeladen worden. Auf Druck der Öffentlichkeit zog sich die Staatsanwaltschaft wieder zurück.

„Südafrika steckt in einer Krise“, sagt der politische Analyst William Gumede. „Wir sollten eine Modelldemokratie für Afrika sein. Wir sollten die erste funktionierende Demokratie sein. Diese Hoffnung hat sich zerschlagen.“

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