Verdeckte Ermittlungen in Hamburg: Ausspionierte stehen im Regen

Der Einsatz von Maria B. war wohl rechtswidrig – das habe die Polizei vor Gericht zugegeben. Eine Aufklärung wird damit unmöglich.

Ein Plakat für eine Solidaritätsdemo gegen Rassismus

Informationsgewinnung ganz legal: Plakate lesen in Hamburg Foto: dpa

HAMBURG taz | Es hätte wohl nicht passieren dürfen: Der Einsatz der verdeckt ermittelnden Polizeibeamtin Maria B. war nach Angaben des Arbeitskreises „Verdeckte Ermittlungen abschaffen“ rechtswidrig. Das habe die Polizei nun gegenüber dem Verwaltungsgericht zugegeben, sagte neben dem Arbeitskreis auch der Anwalt der Klägerin, Gerrit Onken. Die Polizistin B. hatte von 2008 bis 2012 undercover in der linken Szene ermittelt. Dabei war sie vermeintliche Freundschaften eingegangen, hatte Privatwohnungen besucht, mit AktivistInnen Geburtstage gefeiert und war mit ihnen ins Ausland gereist.

Im August 2015 war sie von einem Recherchekreis enttarnt worden. Ein Jahr später hatte eine Betroffene Klage gegen das LKA eingereicht. Ein Urteil gibt es bisher zwar nicht, aber da die Polizei die Rechtswidrigkeit des Einsatzes bereits zugegeben habe, sei das nur noch eine Formsache, sagte Onken. Weder die Pressestelle der Polizei noch die Innenbehörde wollte sich zu dem Fall äußern, weil das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei.

Es ist die dritte Klage gegen Einsätze verdeckter ErmittlerInnen in Hamburgs linker Szene. Schon in den beiden letzten Fällen hat die Polizei eingeräumt, dass die Einsätze rechtswidrig waren. Allerdings nicht, ohne zuvor behauptet zu haben, alles sei sauber verlaufen. Im aktuellen Fall von Maria B. sei das Eingeständnis unmittelbar nach Einreichen der Klage gemacht worden, sagte ein Sprecher des Arbeitskreises „Verdeckte Ermittlungen abschaffen“.

Für die Betroffenen ist ein Eingeständnis der Polizei einerseits ein Erfolg, andererseits aber auch keiner: Damit ist der juristische Weg der Aufklärung ausgeschlossen. Gibt die Polizei zu, rechtswidrig gehandelt zu haben, kommt es nicht zum Prozess, das LKA muss keine Akten vorlegen, es werden keine Zeugen aussagen. Die Betroffenen bleiben somit im Unklaren über die Gründe, warum sie ins Visier der Behörden geraten sind, welche Daten an welchen Stellen über sie gesammelt und an welche Behörden sie weitergegeben wurden.

Das Landeskriminalamt (LKA) hat Anfang November vor dem Verwaltungsgericht eingeräumt, dass der Einsatz der verdeckten Ermittlerin Iris P. verfassungswidrig war. Geklagt hatte eine Aktivistin, die während des Einsatzes eine Liebesbeziehung mit P. geführt hatte.

Der linke Radiosender FSK hatte zuvor gegen den Einsatz P.s geklagt. Im Juli räumte die Polizei den Verstoß gegen die Rundfunkfreiheit ein. P. war von 2001 bis 2006 im Einsatz.

Im Mai wurde die Polizistin Astrid O. enttarnt. Sie war von 2006 bis 2013 in der Szene unterwegs. Bisher gibt es in diesem Fall keine Klage.

Sparsamer Informationsfluss

Andere Wege, solche Details herauszufinden, gibt es kaum. Einzig über parlamentarische Anfragen könnten noch Details bekannt werden – mit diesen Informationen ist der Innenausschuss jedoch äußerst sparsam. „Für uns macht das Eingeständnis der Polizei deutlich, dass eine öffentliche Auseinandersetzung und eine Aufklärung verhindert werden soll“, sagte der Sprecher des Arbeitskreises.

Folgen für die Verantwortlichen dürften von dem Schuldeingeständnis kaum zu erwarten sein. Nach Angaben Onkens habe die Polizei die Rechtsgrundlage des Einsatzes als rechtswidrig bezeichnet – also den Paragrafen im Polizeirecht, der einen solchen Einsatz erlaubt. „Mit diesem formalen Argument schiebt die Polizei dem Gesetzgeber die Verantwortung zu“, so Onken. Das Gesetz wurde mittlerweile nachgebessert – nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im April benötigt die Polizei nun eine Erlaubnis eines Richters, um einen verdeckten Einsatz durchzuführen.

Die innenpolitische Sprecherin der Linken, Christiane Schneider, forderte, verdeckte Ermittlungen in politischen Strukturen abzuschaffen. Es sei eine tiefe Verletzung der Privatsphäre, seitens des Staates in die politische Meinungsbildung einzugreifen.

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