Gregor Gysi zum Tod von Castro: „Ich ging ihm bis zum Bauchnabel“

Linke-Politiker Gregor Gysi über sein Treffen mit Fidel Castro im Jahr 1991 – und was vom Comandante bleibt. Mal abgesehen von der beeindruckenden Körpergröße.

Portrait Gregor Gysi

Gregor Gysi – damals war er noch PDS-Vorsitzender Foto: dpa

taz: Herr Gysi, Sie haben Fidel Castro einmal persönlich getroffen. Wann war das?

Gregor Gysi: 1991 habe ich ihn getroffen. Das Erste, was mich erstaunte, war, wie groß er ist. Ich ging ihm wirklich nur bis zum Bauchnabel. Das Zweite, was er zu mir sagte, war: Dass Rumänien scheitert, war ihm immer klar, aber mit dem Scheitern der DDR habe er nicht gerechnet. Ich soll ihm doch mal erklären, woran die DDR gescheitert ist.

In welcher Eigenschaft waren Sie bei Castro?

Als Vorsitzender der PDS, Bundestagsabgeordneter war ich auch. Von den zwei Stunden, die ich bei ihm war, habe ich eineinhalb Stunden gesprochen und er nur eine halbe. Alle sagen, das ist sonst immer umgekehrt. Ich habe lauter Faktoren aufgeführt. Das interessierte ihn sehr. Da saßen noch zwei weitere Politbüromitglieder. Zu denen hat er immer gesagt: Hört zu.

Castro ist sofort eingeäschert worden. Halten Sie es für möglich, dass er schon früher gestorben ist, sein Tod nur erst jetzt bekanntgegeben worden ist?

Das glaube ich nicht. Beim Tod ist in staatssozialistischen Ländern eigentlich nie gelogen worden hinsichtlich des Zeitpunktes. Ich kann mich noch entsinnen, dass Walter Ulbricht während der Weltfestspiele starb. Das war ganz doof, weil sie das natürlich nicht wollten. Aber sie haben es dann doch gemeldet. Außerdem hat sich Castro noch vor Kurzem fotografieren lassen. Das Datum wird schon stimmen.

Werden Sie zur Beerdigung fahren?

Das schaffe ich nicht. Ich habe so viele Termine und wir waren ja auch nicht befreundet. Wir hatten ein interessantes längeres Gespräch. Er ist auch eine Figur der Weltgeschichte, was aber nicht bedeutet, dass er nicht auch diktatorische Fehlstrukturen in Kuba eingeführt hat. Das ist nicht zu entschuldigen. Aber seine Heldentat war und ist, wie er mit wenigen Frauen und Männern das Batista-Regime gestürzt hat. Sein Leben hing da an weniger als an einem seidenen Faden. Dann haben die USA sofort eine Blockade begonnen…

68, ist Mitglied im Deutschen Bundestag. Der Rechtsanwalt war bis 2015 Vorsitzender der Linksfraktion. Er lebt in Berlin.

… die ganze Geschichte müssen wir jetzt nicht nochmal aufrollen.

Ich will nur sagen: Deshalb brauchte er einen Verbündeten. Und das war die Sowjetunion. Und die wiederum bestand darauf, dass er bestimmte Strukturen einführte. Ich bin gegen jede einseitige Beurteilung von Fidel Castro. Aber das muss man auch klar sagen.

Was bleibt vom Comandante?

Von Fidel Castro bleibt, dass man tatsächlich mit wenigen Leuten beginnen kann, ein Regime zu stürzen, wenn es höchst ungerecht ist. Und das kann sogar Erfolg haben. Das, finde ich, gibt doch Mut für die Zukunft.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.