Kolumne Lügenleser: Oh, Du fröhlicher Suff

Ich lass mir doch vom Muselmann oder der Regierung nicht verbieten, mit 3,8 Promille im Turm Kettenkarussell zu fahren.

verschwommene Lichter auf dem Weihnachtsmarkt

Ein Ort der Sehnsucht Foto: photocase / Photo-Beagle

Hallelujah, es gibt ihn noch, den Weihnachtsmarkt. Trotz des sich hartnäckig haltenden Gerüchts, dass dieser heilige Ort der Andacht und der Besinnlichkeit bald nur noch als „Winterfest“ stattfinden darf beziehungsweise in wenigen Jahren sowieso „Scharia-Party“ oder ähnlich heißen wird.

Man hat uns ja bereits den Schokoladenweihnachtsmann genommen. Zumindest stand das irgendwo im Internet. Und mit dem Glühwein wird es dann bald auch nichts mehr. Man ahnt es schon lange an den Stammtischen der Republik: Man will uns den Suff wegnehmen!

Dementsprechend ist der Andrang groß an dem Stand mit dem heißen Gesöff. Das „Tetra“-Pack fürchtet um den Rausch. Schnell noch ein paar hinter die Binde kippen, bevor Merkel uns zum Gottesstaat erklärt. Ist die Verkäuferin eigentlich aus religiösen Gründen oder wegen der Kälte beinahe vollverschleiert? Ich frage sie nicht, aber da sie auch nicht antwortet, handelt es sich sicherlich bereits um Zensur. Anweisungen „von oben“ wahrscheinlich.

Mit dem Getränk in der Hand geht es weiter. Man fragt sich, was eigentlich die Budenbetreiber machen, die weder Alkohol noch Bratwürste im Angebot haben. Haben Sie je gesehen, wie eine Filzmütze auf einem Weihnachtsmarkt gekauft wurde?

Vergleich unzulässig

Wer erwirbt diese absurd hässlichen Räuchermännchen? Und kann jemand Auskunft über Menschen geben, die auf Weihnachtsmärkte gehen, um Duftkerzen zu erstehen? Sachdienliche Hinweise bitte an „Traditionshandwerk e. V.“, eine Belohnung kann leider nicht gezahlt werden, das letzte Jahr war hart für die Deutschen, es kümmert sich ja niemand um sie.

An der Krippe steht eine Familie und betrachtet das Jesuskind samt buckliger Verwandtschaft. Das Kind berichtet, in der Schule habe jemand erzählt, Maria, Josef und der kleine Christus wären auch Flüchtlinge gewesen. Faktisch gesehen stimmt das, das könne man jedoch nicht vergleichen, belehrt der Vater. Vollkommen unverständlich, warum das unsägliche Wort „postfaktisch“ momentan Konjunktur hat.

Dass hier überhaupt noch christliche Geschichte ausgestellt werden darf grenzt an ein Wunder, sagt ein weiterer Besucher. Es ist überall spürbar in der Stadt, irgendwas Dramatisches steht uns bevor. Stichwort einfallende Horden. Oder eben Weihnachten.

Bald ist es vorbei mit der Besinnlichkeit. Wenige Stunden nach unserem Besuch eskalierte die Situation auf dem Berliner Weihnachtsmarkt bereits. Die Polizei hatte alle Hände voll zu tun.

Prügelei und Volksverhetzung

In Notwehr zeigt ein Mann den Hitlergruß und grölte rechtsradikale Parolen. Zuvor hatte es bereits eine große Prügelei unter Besuchern gegeben. Ein Vater schlug einem Jugendlichen ins Gesicht, nachdem dieser seine Tochter belästigt hatte.

Diese Werte gilt es zu bewahren, krakeelt es im Netz. Ich lass mir doch vom Muselmann und der Regierung nicht verbieten, mit 3,8 Promille im Turm Kettenkarussell zu fahren und auf die Schlittschuhbahn zu kotzen. Das Recht auf eine zünftige Prügelei und ein paar volksverhetzende Schreiereien darf nicht untergraben werden. Die Freiheit Deutschlands wird auf dem Weihnachtsmarkt verteidigt.

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