Schutz des Ökosystems in der Arktis: Obamas Last-Minute-Geschenk

Der US-Präsident und sein kanadischer Kollege verbieten neue Ölbohrungen im hohen Norden. Trump wird es schwer haben, das rückgängig zu machen.

ein großer Eisberg in einem Gewässer

Arktisches Eis: Bis auf weiteres stören keine Bohrtürme das Bild Foto: dpa

BERLIN taz | Zumindest für die nächsten Jahre werden die Eisbären ihre Ruhe haben. Die Regierungen in Washington und Ottawa haben weite Teile der kanadischen und US-amerikanischen Arktis von der Suche nach Öl und Gas ausgenommen. Damit macht der noch bis zum 20. Januar amtierende US-Präsident Barack Obama ein Abschiedsgeschenk an die Natur und NaturschützerInnen, indem er versucht, möglichst viel Wildnis langfristig gegen die Ausplünderung durch seinen Nachfolger Donald Trump zu sichern.

Dafür haben Obamas Juristen ein Gesetz aus dem Jahr 1953 ausgegraben, mit dem schon frühere Präsidenten den Meeresboden geschützt haben. Obama nutzt diese Vorschrift nun im XXL-Format: Auf etwa 500.000 Quadratkilometern nördlich von Alaska und an der Atlantikküste der USA zwischen Maine und Virginia hat er den Verkauf von bundeseigenen Landstücken für die Rohstoffsuche verboten.

Es gehe um den Schutz für ein „empfindliches und einmaliges Ökosystem“, erklärte der scheidende Präsident. „Selbst mit den höchsten Sicherheitsstandards bleibt das Risiko einer Ölpest hoch, unsere Möglichkeiten, sie einzudämmen, sind begrenzt.“ Der Aufbau der Infrastruktur würde Jahrzehnte dauern, „und das zu einer Zeit, in der wir uns von fossilen Brennstoffen verabschieden müssen“. In der gemeinsamen Aktion mit Kanadas Premierminister Justin Trudeau wird damit praktisch die Hälfte der Arktis unter Schutz gestellt. Kanada verkündete ein Moratorium für neue Explorationen entlang seiner 6.000 Kilometer langen Küste. Der Bann soll alle fünf Jahre überprüft werden.

Obama reagiert auf eine Empfehlung seines Innenministeriums, weite Teile des Meeres vor Alaska unbefristet zu schützen. Auch bisher kommt schon sehr wenig Öl von den öffentlichen Ländereien in der Arktis.

Die Regierung will zum Ende ihrer Amtszeit auch andere Regionen dauerhaft schützen: Am Yellowstone-Nationalpark untersagte sie gerade die Goldsuche, legte eine umstrittene Pipeline in North Dakota auf Eis, kündigte Gas- und Ölkontrakte in Colorado und nahm in Montana heiliges Land der Blackfeet-Ureinwohner aus der Planung für den Bergbau. Umweltschützer hoffen auf einen Stopp beim Uranabbau in Utah, Nevada und am Grand Canyon.

Viel öffentliches Land für Gas- und Ölbohrungen

Washingtons Einfluss auf die Bodenpolitik ist groß, weil weite Teile des US-Westens im Besitz der Bundesregierung sind. Der neue Präsident Trump hat erklärt, er wolle „jobkillende Vorschriften für die Energieindustrie streichen“. Es wird erwartet, dass seine Regierung viel öffentliches Land zur Gas- und Ölbohrung öffnet. Deshalb zeigte sich auch die Öllobby im „American Petroleum Institute“ (API) zuversichtlich, Obamas Stopp wieder rückgängig zu machen: „Wir sehen nicht, wie das permanent sein könnte“, sagte API-Experte Andrew Radford der New York Times.

Er erinnerte daran, dass schon Präsident Clinton 300 Millionen Hektar arktischen Landes geschützt habe – wovon sein Nachfolger Bush 50 Millionen Hektar wieder an die Ölindustrie übergeben hatte. „Wir hoffen, dass Trump darüber nachdenkt, diese Entscheidung rückgängig zu machen, und freuen uns darauf, daran mitzuarbeiten“, erklärte Radford.

Wie ernsthaft die Ölindustrie an den Lizenzen im unwegsamen Norden interessiert ist, ist unklar. Denn die schwierigen Bedingungen und die niedrigen Ölpreise verbunden mit dem schlechten Image für die dreckige Suche in unberührter Wildnis schrecken viele Energiefirmen ab. Erst im letzten Jahr beendete der niederländische Ölmulti Shell ein Arktisprojekt, obwohl er bereits sieben Milliarden US-Dollar investiert hatte.

Wie nachhaltig Obamas Last-Minute-Entscheidungen sein werden, ist tatsächlich umstritten. Der neue Präsident kann sie zumindest nicht einfach mit einem Federstrich ungeschehen machen. Obamas Juristen haben auch in anderen Fällen darauf geachtet, ihre Vorstöße sehr genau juristisch abzusichern. Und die US-Umweltverbände haben schon angekündigt, ihr „Weihnachtsgeschenk“ im Zweifel mit allen juristischen Mitteln vor den Gerichten zu verteidigen. Das könnte Jahre dauern – vielleicht sogar bis zum nächsten Präsidenten.

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